Bohrungen im Naturschutzgebiet: Ölhunger bedroht Heimat der Bonobo
Kongos Präsident erlaubt die Suche nach Erdöl im Salonga-Nationalpark. Auch deutsches Geld fließt in den Schutz des Weltnaturerbes.
Der Salonga-Nationalpark im Herzen der Demokratischen Republik Kongo ist ein Juwel der Biodiversität. Er liegt tief im zentralen Kongo-Flussbecken und ist nur auf dem Wasserweg zu erreichen. Mit 33.350 Quadratkilometern ist der Salonga der größte geschützte tropische Regenwald Afrikas, der zweitgrößte der Welt. Es ist auch der einzige Lebensraum der Bonobo-Waldschimpansen, Heimat von Waldelefanten und seltenen Fisch- und Vögelarten. Seine für Menschen unzugänglichen bewaldeten Sümpfe erstrecken sich über Hunderte von Kilometern. Als die Unesco den Park 1984 zum Weltnaturerbe erklärte, würdigte sie ihn als „eines der sehr wenigen noch absolut intakten Biotope Zentralafrikas“.
Damit könnte es bald vorbei sein. Wie kongolesische Naturschutzorganisationen der taz jetzt mitteilten, hat Präsident Joseph Kabila in letzter Instanz die Aufnahme von Probebohrungen zur Ölsuche im Salonga-Park genehmigt. Er unterzeichnete danach eine Anordnung, die einen Vertrag zwischen dem kongolesischen Staat und einem Joint Venture aus Kongos staatlicher Ölgesellschaft Sonahydroc mit der „Compagnie minière du Congo“ (Comico) zur Erforschung dreier Ölgebiete bestätigt.
Der Vertrag erlaubt die Ölsuche in den von Kongos Regierung ausgeschriebenen Blocks 1 (Mbandaka), 2 (Lokoro) und 3 (Busira) in der sogenannten Cuvette centrale, einem riesigen, von Sümpfen und Regenwäldern bedeckten Becken des Kongo-Flusses. Die drei Blocks haben eine Gesamtfläche von 146.000 Quadratkilometer, doppelt so groß wie Bayern, Block 2 ragt in den Salonga-Nationalpark hinein.
Comico ist ein Unternehmen des in Südafrika lebenden Griechen Adonis Pouroulis, dem auch die große Bergbaufirma „Petra Diamonds“ gehört. Der Ölvertrag wurde bereits Ende 2007 geschlossen, aber Unternehmensverträge mit Kongos Staat werden erst durch die Unterschrift des Präsidenten gültig. Sie lässt oft Jahre auf sich warten und wird meist nicht öffentlich kommuniziert. Die Bestätigung von Ölverträgen im Kongo lag jahrelang auf Eis und wurde erst nach einer Neufassung der Ölgesetze im Jahr 2015 wieder möglich.
Bohrungen in weiteren Teilen des Parks geplant
Bis 2007 war der Salonga-Park sich selbst überlassen, Wilderer jagten dort unbehelligt Waldelefanten. Inzwischen haben sich internationale Geldgeber des Parks angenommen. 2014 stieg die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) mit 3,5 Millionen Euro in die Finanzierung des Parkmanagements ein, bei dem der World Wildlife Fund (WWF) die kongolesische Naturschutzbehörde ICCN unterstützt. Das Geld fließt in die Ausbildung, Ausstattung und Bezahlung der Parkwächter.
So gefährdet die Freigabe von Teilen des Parks zur Ölsuche direkt ein deutsches Schutzprojekt. Dass die fraglichen Ölblocks den Park beeinträchtigen, hat Kongos Regierung nie bestritten. Auf einer Investorenkonferenz in Kinshasa 2009 präsentierte Vize-Ölminister Gustave Beya Siku – später Kabilas Kabinettsdirektor – eine entsprechende Landkarte. Die Vergabe an Comico ist nur der Anfang. Weitere Firmen warten auf Bestätigung ihrer Verträge: Block 8 der südafrikanischen Firma „Dig Oil“ umfasst einen noch größeren Teil des Parks. Für Block 9 hat die britische Ölfirma „Soco International“ unterschrieben.
Soco hatte vor einigen Jahren geplant, im ostkongolesischen Virunga-Nationalpark, Heimat der seltenen Berggorillas, nach Öl zu suchen. Das wurde durch weltweite Proteste gestoppt. Die Ölpläne für Salonga betreffen viel größere Gebiete.
Kabilas Entscheidung wirkt wie ein Stinkefinger Richtung UN. Im Juli 2017 hatte das Unesco-Welterbekomitee den Kongo darauf hingewiesen, dass in einem Weltnaturerbe kein Öl gesucht werden dürfe. Die Regierung wurde aufgefordert, über entsprechende Vorhaben zu berichten. Frist war der 1. Februar 2018 – genau der Tag, an dem Kabila die Ölverträge unterschrieb.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier