Bodensee-„Tatort“ über Entführungsopfer: Hier knackt nur das Kreuz
Eine junge Frau verbrennt den Mann, der sie jahrelang als Geisel festhielt. Der aktuelle „Tatort“ ist moralisch anspruchsvoll, aber etwas betulich.
Sie können die Finger wieder aus den Ohren nehmen: Til Schweiger und seine Panzerfaust sind weg, und das öffentlich-rechtliche Budget für Filmmunition nach dem Hamburger Neujahrs- „Tatort“ vermutlich auch.
Ab sofort ist jedenfalls wieder Ruhe in der Krimi-Kiste: Was im neuen Fall von Kommissarin Blum (Eva Mattes) und ihrem Gehilfen Perlmann (Sebastian Bezzel) laute Geräusche macht, ist höchstens das Kreuz der Kommissarin, die sich schwerfällig nach den Spuren am Tatort bückt. Und wer sich da nun zu Recht über Betulichkeit beschwert, sollte noch mal kurz überdenken, ob er sich wirklich so sehr über den James Bond aus Hamburg mokieren muss, der bei Rückenschmerzen wahrscheinlich einfach noch zwei, drei Schmerztabletten mehr gefrühstückt hätte.
Doch gemach, wir sind am Bodensee, und da wird der Krimi noch streng nach Reinheitsgebot gebraut: Am Anfang war die Leiche, zwischendurch gibt’s das Häppchen Moral und/oder die Prise realpolitische Anbindung des jeweils gewählten Themas (hier: eine Kindesentführung, angelehnt an den Fall Natascha Kampusch). Schusswaffengebrauch im letzten Drittel ist dann optional.
Ein Mann verbrennt also bei lebendigem Leibe, angezündet hat ihn ein 17-jähriges Mädchen. Schnell stellt sich heraus, dass die junge Frau (beeindruckend: Gro Swantje Kohlhof) jahrelang im Keller des Toten gefangen gehalten wurde. Kommissarin Blum vermutet, dass der Mann noch weitere Kinder entführt haben könnte – womit wir auch schon bei der Moralfrage wären: Wie sehr können die Ermittler die Traumatisierte triezen, um an Informationen zu kommen? Und sind Taten entschuldbar, weil sie von einem Gewaltopfer begangen wurden?
Bodensee-„Tatort“: „Rebecca“; So., 10. Januar, 20.15 Uhr, ARD; Regie: Umut Dag, Buch: Marco Wiersch; mit Eva Mattes, Sebastian Bezzel, Justine Hauer, Benjamin Morik, Gro Swantje Kohlhof
Mal wieder ein bisschen was zum Nachdenken also. Denn zugegeben, mit einer Panzerfaust kommt man da nicht weiter.
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