Gefährlicher Artenschwund im Boden

Kaum bekannt und stark gefährdet: Das Bundesamt für Naturschutz warnt vor dem Verlust von Artenvielfalt unter unseren Füßen

Zahlreiche Arten von Regenwürmern, Asseln, Doppelfüßern oder Laufkäfern sind vom Aussterben bedroht. Davor warnt der neue „Bodenreport“ des Bundesamtes für Naturschutz, der heute veröffentlicht wird. Weil Würmer, Pilze und Co überwiegend verdeckt im Boden leben, nehme die Öffentlichkeit von diesem „verdeckten Artensterben“ kaum Notiz – obwohl sie etwa für die Fruchtbarkeit des Bodens und seine Fähigkeit, Kohlenstoff und Wasser zu speichern, immens wichtig seien.

Die Autoren des Reports fordern daher, das Bodenleben zu fördern, müsse stärker als Aufgabe des Naturschutzes begriffen werden. Außerdem müsse es für Landwirte wieder selbstverständlicher Bestandteil ihrer Arbeit sein, die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten. Dazu bietet der Bodenreport einen umfassenden Maßnahmenkatalog an. Etwa sollten Landwirte auf schonende Bearbeitungsmethoden setzen und leichte und bodenschonende Technik einsetzen; der Boden müsse ganzjährig von heimischen Pflanzen bewachsen werden, blühende und mehrjährige Pflanzen sollten sich auf den Äckern finden.

Auch sei eine neue Regulierung des Bodenmarktes nötig: Weil inzwischen 44 Prozent der Ackerfläche der EU Pachtland mit zum Teil kurzen Laufzeiten sei, hätten die Landwirte kein Interesse, langfristig in die Fruchtbarkeit des Bodens zu investieren. Pachtverträge in Generationenlänge und klare Vorschriften zum Erhalt des Bodenzustands – etwa seines Humusgehalts oder der Bodenverdichtung – seien deshalb sinnvolle Instrumente.

Der Report mahnt zudem eine intensive Forschungsarbeit an. „Die Datenlage zur Bodenbiodiversität ist auf allen ihren Ebenen (genetische Diversität, Artenvielfalt, Vielfalt an Lebensräumen) spärlich“, schreiben die Autoren. Demnach sind bislang weltweit nur 25 Prozent aller Regenwurm­arten bekannt sowie nur die Hälfte aller Ameisen- und Milbenarten. Bei den ganz kleinen Organismen sieht es noch düsterer aus: Nur etwa 6 Prozent der Pilze sind taxonomisch erfasst und beschrieben und nur 1 Prozent der Bodenmikroorganismen. Gerade im Bereich der Bodenorganismen sei das Risiko groß, dass Arten verschwinden, bevor sie überhaupt entdeckt und beschrieben wurden. Die Bodenorganismen, die bereits seit Längerem in den bundesweiten Roten Listen geführt werden, zeigten jedoch bereits den gleichen deutlich negativen Trend, der für die oberirdische Diversität in Agrarlandschaften festgestellt wird, heißt es in dem Report. (hol)