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Blonde Schweden, blaue Augen

Schwedische Kleinstädter stimmen am Sonntag über die Aufnahme von 30 Flüchtlingen ab  ■  Von Holger Zantopp

Kopenhagen (taz) - Am kommenden Sonntag ist die schwedische Bevölkerung nicht nur zu den stattfindenden Parlaments- und Kommunalwahlen aufgerufen - die 15.000 Einwohner der südschwedischen Kleinstadt Sjöbo sollen auch über die Aufnahme von 30 Flüchtlingen entscheiden.

Der Beschluß des Gemeinderats, eine lokale Volksabstimmung zu veranstalten, geht auf die Initiative des früheren Bürgermeisters und Zentrumspolitikers Sven-Olle Olsson zurück.

Als bekannt wurde, daß die Zentrumspolitiker in Sjöbo offen mit der faschistischen „Neuschwedischen Bewegung“ zusammenarbeiten, platzte der Parteiführung des Zentrums in Stockholm der Kragen. Sie kündigte mehrere Parteiausschlußverfahren an. Die Zusammenarbeit der Zentrumspartei mit der Nazi-Organisation besteht in der gemeinsamen Herausgabe eines achtseitigen Pamphlets. Die Broschüre wird von der örtlichen Zentrumspartei an alle Haushalte in Sjöbo verteilt. Flüchtlinge und Einwanderer werden darin als Bedrohung des „homogenen schwedischen Volkes“ beschrieben. Bereits vor einem Jahr sorgte der rechte Zentrumspolitiker mit der Bemerkung für Schlagzeilen, daß Flüchtlinge eine Bedrohung der „blonden Schweden mit ihren blauen Augen“ darstellten.

Die Asyl-Gegner behaupten, daß es in Sjöbo für Asylberechtigte keinen ausreichenden Wohnraum und schon gar keine Arbeitsplätze gebe. Der „Geist von Sjöbo“, von dem schwedische Medien sprechen, verheißt nichts Gutes. Bei den Befürwortern der Aufnahme von Flüchtlingen geht die Angst um, und es wagt kaum jemand öffentlich etwas zu sagen. Ein Informationshäuschen, das die „einwanderungsfreundlichen Grünen“ von Sjöbo aufgestellt hatten, wurde von Unbekannten zerstört.

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