■ Mit Metallpreisen auf du und du: Bleischwer im Lager
Berlin (taz/dpa) – Noch nie waren die Preise für Rohmetalle so niedrig wie heute – jedenfalls seit vierzig Jahren nicht mehr. Dabei wurden, ähnlich wie im Stahlbereich auch bei den Nichteisenmetallen in den achtziger Jahren noch große Kapazitäten aufgebaut. Die Preise lagen hoch, die Wirtschaft in den OECD-Ländern florierte. Dann kam die weltweite Rezession, und die Rohstoffpreise sackten von Quartal zu Quartal weiter in den Keller.
Insbesondere die GUS-Staaten überschwemmen heute den internationalen Markt, weil ihre Produzenten im eigenen Land wegen der zusammenbrechenden Großindustrie kaum noch etwas loswerden. Früher wurde mehr Blei, Zink und Zinn über die Grenzen nach Osteuropa geschafft als in umgekehrter Richtung; heute sind die ehemaligen RGW-Länder Nettoexporteure dieser Metalle. Die Rohstoffe sind oft das einzige, mit dem sie noch Devisen verdienen können.
Der Kupfermarkt, auf dem nach Berechnungen des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWA) im Vergleich zum Vorjahr 13 Prozent weniger umgesetzt wurde, leidet außerdem unter Lagerräumungen. China, normalerweise ein Kupferimporteur, wollte im April seine Überbestände loswerden. Die USA beschlossen, sich von ihrer in Zeiten des kalten Krieges angelegten strategischen Reserve zu trennen. Im Laufe von mehreren Jahren soll der Gesamtvorrat von 345.000 Tonnen Zink und 545.000 Tonnen Blei verhökert werden. Schon jetzt liegt der Preisverfall für diese Metalle bei weit über 20 Prozent.
Die Händler von Nickel klagen hingegen vor allem über den Absatzeinbruch im Stahlbereich und bei der konventionellen Rüstung.
Und auch der Preis für Aluminium, das wegen der extrem energieaufwendigen Gewinnung zunehmend aus Drittweltländern kommt, fällt – wenn auch nur geringfüfig.
Die Lagerhäuser der Produzenten sind randvoll. Und auch die weltweit führende Londoner Metallbörse (LME) hat Rekordvorräte in ihren Beständen. Um den ruinösen Preisverfall aufzuhalten, debattieren die im europäischen Dachverband der Nichteisen-Metallerzeuger (Eurometaux) organisierten Unternehmen inzwischen, einen Kapazitätsabbau auszuhandeln. Ohne Stillegung auf freiwilliger Basis würde der Preisdruck dazu führen, daß vor allem die teuren, aber umweltverträglichen Anlagen abgeschaltet werden müßten, während die „alten Dreckschleudern weiterarbeiten“, so der Geschäftsführer der Rheinischen Zinkgesellschaft, Hans-Jürgen Rueß.
Die Prognostiker vom HWWA aber sind optimistisch. Sie glauben, daß im nächsten Jahr die Konjunktur wieder anspringt und die Preise für Nichteisenmetalle um sechs Prozent ansteigen. Besonders den Alu- und Bleiproduzenten versprechen sie ein gutes Jahr. aje
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