Bleiberecht: "Prinzipielle Regelung finden"
Bessere Perspektiven für geduldete Flüchtlinge in Hamburg fordern Linke und SPD sowie der Flüchtlingsrat. Ab Mittwoch beraten die Innenminister darüber.
Eine Neuregelung des Bleiberechts von Flüchtlingen haben der Flüchtlingsrat Hamburg und die Bürgerschaftsfraktion der Linken am Montag gefordert. "Man muss eine prinzipielle Regelung für diesen Bereich finden", sagte der linke Abgeordnete Mehmet Yildiz. Das Thema steht auf der Tagesordnung der Konferenz der Innenminister von Bund und Ländern (IMK), die von Mittwoch bis Freitag in Bremen tagt. Das 2006 verabschiedete Bleiberecht läuft zum Jahresende aus, über eine Verlängerung herrscht keine Einigkeit.
Grundsätzlich können Flüchtlinge ein Bleiberecht nach der Altfallregelung erhalten. Dazu müssen Einzelpersonen mehr als acht Jahre und Familien mindestens sechs Jahre geduldet in Hamburg leben. Sie müssen ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten, ausreichende Sprachkenntnisse und Wohnraum nachweisen. Nach Angaben des Flüchtlingsrates wird in Hamburg von dieser Regelung nur sehr sparsam Gebrauch gemacht.
Von etwa 8.500 Flüchtlingen, die diese Voraussetzungen erfüllen, haben nur 2.126 eine Aufenthaltsgenehmigung nach der Bleiberechtsregelung erhalten. Weitere 2.040 Menschen erhielten sie nur auf Probe und könnten sie ganz verlieren, wenn sie nicht trotz Wirtschaftskrise bis Ende des Jahres ihren selbst verdienten Unterhalt nachweisen können.
Ein uneingeschränktes Bleiberecht fordert Hermann Hardt vom Flüchtlingsrat. Auch müssten alle Vorbedingungen entfallen. Schon vor der Wirtschaftskrise sei es vielen geduldeten Flüchtlingen wegen des lange anhaltenden Arbeitsverbots kaum möglich gewesen, Arbeit zu finden. "Diese Menschen hatten keine Möglichkeit, eine Ausbildung zu machen und sich zu qualifizieren", sagt Hardt. Ebenfalls nicht haltbar sei die Regelung, dass ganze Familien vom Bleiberecht ausgeschlossen seien, wenn ein Angehöriger eine Straftat begehe. "Das ist Sippenhaft. Das ist absolut inakzeptabel", sagt Hardt.
Eine Verlängerung des Bleiberechts fordert die Hamburger SPD. Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) müsse sich "entschieden für eine humane Regelung einsetzen", fordern die Bundestagsabgeordnete Aydan Özoguz und der Innenpolitiker der Bürgerschaftsfraktion Andreas Dressel: "Hamburg muss als tolerante und weltoffene Stadt hier ein bundesweites Zeichen setzen."
Für die Betroffenen und vor allem ihre Kinder sei eine klare Lebensperspektive wichtig. "Der Anstand gebietet es, diesen Menschen endlich eine echte Perspektive zu geben", findet Özoguz. "Menschen, die in ihre Heimat nicht zurückkehren können, brauchen erfüllbare Anforderungen und keine jahrelangen frustrierenden und sinnlosen Hängepartien."
Innensenator Ahlhaus erklärte, die IMK werde eine "ausgewogene Lösung" finden. Die von manchen heraufbeschworenen Massenabschiebungen im kommenden Jahr "wird es nicht geben, auch nicht in Hamburg", versicherte Ahlhaus. Allerdings müssten jene, die im Land bleiben wollten, "integrationsfähig und willig sein".
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