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Bladen, Blöden und Ballern

■ Fußballer in holzgetäfelter Umgebung: Der Springer Verlag checkt mit „Cool Sport“ mal die Kaufkraft der Jugend aus

Business als usual bei McDonald's: Hamburger hier, McChicken da, lärmende Kinder im Play- Room, Ketchup auf dem Boden und Mayo in der Hose. Bloß keiner der 5.000 lebensgroßen „Mehmet- Scholl-Aufsteller“, wie sie der Springer Verlag als Flankierung der Werbekampagne für sein neues Sportmagazin Cool Sport versprochen hatte: Eine Scharte, die wohl nur die gesammelte „Werbepower der verlagseigenen Zeitungen und Zeitschriften“ (Pressetext) auswetzen kann.

Mit Cool Sport möchte Springer die „sportinteressierte Jugend“ als Zielgruppe auschecken. Denn rumgesprochen hat sich, daß man mit Berichten über Fun-Sportarten und einem Misch aus Sport und Pop so manches Kid an den Kiosk locken kann, wo Bravo Sport über eine halbe Million Auflage macht.

Doch in Cool Sport werden erst mal ganz risikofrei zwei Drittel des Heftes mit Geschichtchen über Fußballer und ihr Privatleben gefüllt; kein Balltreter, der nur im entferntesten zum Popstar und Jugendidol taugt, wurde vergessen. Die „Stories“ lassen dabei wie gewohnt an Sparsamkeit und Oberflächlichkeit nichts zu wünschen übrig, und der Verdacht, den man selber als junger Sproß schon hatte – nämlich daß Fußballer nicht viel in der Birne haben –, der blüht in Cool Sport in jeder Zeile: das Dieter-Eckstein-Syndrom. Hobbies: Familie, Sportwagen, Videos gucken. Und dann der Schwenk in die holzgetäfelte Wohnzimmereinrichtung. Da kann Lars Ricken noch soviel Metallica hören, Mehmet Scholl noch so „ein irres Leben“ führen.

Weil man bei Springer aber selbst nicht genau weiß, ob man bloß ein Sonderheft gemacht hat oder einen „festen Bestandteil in unserer Zeitschriftenpalette“, gibt es auch sonst schmückende Kaufanreize satt: zahlreiche „XXL-Poster“, auf denen neben den Stars besonders Opel, Opel und Opel präsentiert wird; 24 „Supersticker“; die beliebten Panini-Sammelbilder (tausche übrigens meine fünf gegen die August-Ausgabe der McDonald's-Kino-News) und natürlich auch Info-Snapshots über Agassi, Maske, Shaq O'Neal, Schumi etc. Die zwölf Seiten Infotainment übers Boarden, Biken, Bladen, Blöden und Ballern lesen sich dann gerade noch wie ein gutgemeintes und hilfloses Feigenblatt, das nicht darüber hinwegtäuschen kann, daß bei Cool Sport wohl doch in erster Linie an Weihnachten und die schnelle Absahne gedacht war. Gerrit Bartels

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