Blackfacing-Spektakel in Bremen: Fest der Reaktion
Während die katholische Kirche ihren Sternsingern vom althergebrachten Rassismus geschwärzter Gesichter abrät, ist es bei der Bremer Eiswette gang und gäbe.
Auch der Chef der CDU-Fraktion, Thomas Röwekamp, wirkt kostümiert bei dem Mummenschanz mit, bei dem man sich fröhlich mit dem bei den 1819er-Juden-Pogromen, den Hepp-Hepp-Ausschreitungen, geprägten Ruf „Hepp! Hepp! Hepp!“ grüßt.
Vergangenen Mittwoch war es wieder so weit, am Punkendeich. Die Kaufmänner hatten 1828 als Stichtag für die Wettfrage, ob die Weser zufriert, den 4. Januar festgelegt: Zum 100-jährigen Jubiläum wurde die Veranstaltung verschoben, auf den 6. Januar, auf Dreikönige.
Das war in der Zeit, als Paul von Lettow-Vorbeck, der gewesene Kommandeur der Schutztruppe von Ostafrika und Dichter des Liedes „Zehn kleine Negerlein“ Dauergast der Eiswette war und Bremen sich darum bewarb, als Stadt der – verlorenen, aber beileibe nicht aufgegebenen – Kolonien zu gelten. Seither treten drei Darsteller als die Legendenfiguren der heiligen drei Könige aus dem Morgenland auf. Einer wird schwarz geschminkt. Das fanden die Herren lustig.
Damals. Und am vergangenen Mittwoch. Da durfte der Neger in eine Melodika blasen. Die gab einen quäkigen Ton von sich. Das unterstrich noch den komischen Charakter. Sein Kompagnon amüsierte das Publikum mit einer Popsongparodie, die sich ganz milde über Flüchtlinge lustig machte. Einmal in Bremen heimisch geworden, ließen sie sich nicht wieder vertreiben, hieß es da, und Röwekamp hat sie angefahren: „Integrieren sie sich!“ Auch das war selbstredend als Witz zu verstehen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Thüringen
Das hat Erpresserpotenzial
Friedenspreis für Anne Applebaum
Für den Frieden, aber nicht bedingungslos
BSW in Sachsen und Thüringen
Wagenknecht grätscht Landesverbänden rein
Rückkehr zur Atomkraft
Italien will erstes AKW seit 40 Jahren bauen
Klimaschädliche Dienstwagen
Andersrum umverteilen
Tech-Investor Peter Thiel
Der Auszug der Milliardäre aus der Verantwortung