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Björn Höcke bleibt in ThüringenKeine Kandidatur für den Bundestag

Der Anführer der völkischen Strömung kandidiert erneut nicht für den Bundestag. Das Kokettieren mit Berlin ist Teil von Höckes Inszenierung.

Hat Angst vor Berlin: der mehrfach für SA-Parolen verurteilte Björn Höcke (AfD) Foto: Martin Schutt/dpa

Berlin taz | Der Chef der AfD Thüringen und Kopf der völkischen Strömung kandidiert erneut nicht für den Bundestag. Die letzten Wochen hat Höcke laut Parteikreisen so ernsthaft überlegt wie noch nie, sich aber letztlich gegen eine Kandidatur entschieden. Ein Bericht von Stern und Ntv deckt sich mit Informationen der taz. Es ist nach 2017 und 2021 bereits das dritte Mal, dass der 52-Jährige mit einer Kandidatur für den Bundestag offen liebäugelt, dann aber wieder absagt.

Auch mit dem Parteivorsitz und einem Platz im Bundesvorstand hat der revisionistische Geschichtslehrer bereits mehrfach kokettiert, sich aber letztlich nie aus seinem stramm hinter ihm stehenden Landesverband heraus getraut – auch weil er befürchtet, eine offene Auseinandersetzung oder Kampfkandidatur um den Fraktionsvorstand im Bundestag zu verlieren.

Nicht zuletzt der Bundesvorstand und die designierte Spitzenkandidatin Alice Weidel ist gegen ein Engagement Höckes in vorderster Reihe. Mit der Absage von Höckes Kandidatur hat man in der Führungsebene der autoritär-nationalradikalen Partei eine Sorge weniger. Weidel stimmte 2017 noch für den Parteiausschluss Höckes, seit 2019 gibt es jedoch eine Art Burgfrieden zwischen den beiden, zuletzt traten sie auch gemeinsam auf. Dennoch wäre die Kandidatur, mit der Höcke liebäugelte, ein Affront gegenüber der Bundesvorsitzenden gewesen. Umso größer dürfte in der Parteiführung die Erleichterung sein, dass ihr diese Auseinandersetzung vorerst erspart bleibt.

Höckes Hadern mit der Bundesebene ist dabei auch ein Teil seiner politischen Inszenierung. Überdeutlich zeigt das etwa der Propaganda-Film, den Höcke von extrem rechten Medienaktivisten aus dem Umfeld der Identitären Bewegung über sich selbst drehen ließ. Der langatmige und klischeebeladene Streifen mit einer grausam-sphärischen Musikhinterlegung trägt den Titel „Der lange Anlauf“.

Barbarossalegende und Heilserzählung

Darin werden inszenierte Bilder aus Höckes Privatleben immer wieder mit Aufnahmen des Barbarossa-Denkmals im Kyffhäusergebirge gegengeschnitten, wo Höckes völkisch-nationalistischer „Flügel“ seine Jahrestreffen abgehalten hat. Laut der spätestens seit der Romantik bekannten Barbarossa-Sage soll der Staufer-Kaiser seit Jahrhunderten im Kyffhäuser-Berg schlafen und werde eines Tages aufwachen, um das Reich zu retten und es wieder zu neuer Herrlichkeit zu führen.

Versatzstücke davon passen wunderbar in Höckes apokalyptische und rassistische Erzählungen vom Untergang Deutschlands. Höcke bezeichnete die AfD mehrfach als „letzte friedliche Chance für unser geliebtes Vaterland.“ Im Film bezeichnen Anhänger Höcke gleich als Auserwählten und Messias. Sein Büroleiter relativierte daraufhin ein bisschen: „Er ist auch nur ein Mensch – mit einer besonderen Gabe, aber nicht gottgleich.“

Nun, der nicht gottgleiche Thüringer AfD-Chef wird jedenfalls – Heilserzählung hin, Barbarossalegende her – weiter in Thüringen sein Unwesen treiben. Tatsächlich hat Höcke dort nach seinem Wahlsieg bei den Landtagswahlen und einer Sperrminorität eine erhebliche Blockademacht, die er bei jeder sich bietenden Gelegenheit anwenden wird.

Möller statt Höcke

Weniger Einfluss hatte Höcke zuletzt auf Bundesebene, wie etwa beim letzten Parteitag in Essen deutlich wurde, als von ihm vorgeschlagene Personalien deutlich abgelehnt wurden. Strippen zieht in der Partei mittlerweile federführend ein Netzwerk junger Karrieristen um den Vize-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Sebastian Münzenmaier. Sie scharen sich hinter der bereits beschlossenen Spitzenkandidatur von Weidel. Sie sind nicht weniger radikal, wollen der Partei aber eine professionellere Außenwirkung verpassen. Höckes Hang zu völkischem Pathos, Wutausbrüchen und dem uneingeschränkten Führungsanspruch sieht man dort durchaus kritisch – auch wenn man im freundlichen Austausch mit den Thüringern ist.

Höckes Co-Landeschef Stefan Möller aus Thüringen bestätigte der taz unterdessen, dass er in den Bundestag einziehen wolle. Er dürfte damit der Statthalter von Höcke im Bundestag werden. Ob er für den ersten Listenplatz antreten wollen, werde noch intern geklärt. Den hatte bislang der Bundes-Vizesprecher Stephan Brandner inne, der wohl ebenfalls wieder antreten wird.

Möllers Kandidatur zieht wohl auch eine Personalrochade nach sich – statt des bisher für die Organisation zuständigen Co-Sprechers Möller soll künftig ein Generalsekretär in Thüringen die Parteiangelegenheiten regeln. Möller bestätigte der taz dahingehende Überlegungen. Für die Position wird der neue Thüringer Landtagsabgeordnete Daniel Haseloff gehandelt, der ehemalige Büroleiter von Möller. Der gelernte Fliesenleger gehört zum inneren Zirkel von Höcke.

Eine Anfrage nach einer offiziellen Bestätigung seiner erneuten Absage an eine Bundestagskandidatur ließ Höckes Büroleiter bislang unbeantwortet.

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