Birmas aussichtsreichster Kandidat: Der Stellvertreter-Präsident
Die Wahlsiegerin Aung San Suu Kyi nominiert mit Htin Kyaw einen Vertrauten für das Präsidentenamt. Ihr bleibt es weiter verwehrt.
Vier Monate ist es inzwischen her, dass die NLD von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi bei den Parlamentswahlen einen Erdrutschsieg errang. Es war die erste freie Wahl aller Volksvertreter des Landes nach fast einem halben Jahrhundert Militärdiktatur.
Und nach Wochen der Geheimniskrämerei seitens der NLD gibt es nun endlich Klarheit, wer neues Staatsoberhaupt werden soll. Am Donnerstagmorgen wurden die Namen der von der siegreichen NLD Nominierten bekannt gegeben.
Die Aufgabe des künftigen Präsidenten ist klar: Er soll Aung San Suu Kyis Order ausführen. Das hatte die Friedensnobelpreisträgerin schon vor der Wahl deutlich gemacht. „Ich werde über dem Präsidenten stehen“, sagte sie bei einer Pressekonferenz im November ohne jegliche Umschweife.
Das Militär blieb stur bis zuletzt
Die vom Militär entworfene Verfassung versagt ihr das Amt, weil sie mit einem Briten verheiratet war und mit ihm zwei Kinder britischer Staatsangehörigkeit hat. Bis zuletzt fanden erfolglose Verhandlungen mit dem Militär statt, die Verfassung doch noch zu Suu Kyis Gunsten zu ändern. Drei Mal traf die NLD-Vorsitzende deshalb den mächtigen Armeechef Min Aung Hlaing.
Der jetzt von ihr nominierte Htin Kyaw ist parteiintern kein Unbekannter. Sein Schwiegervater hat die NLD mitgegründet, seine Ehefrau ist selbst NLD-Abgeordnete im Unterhaus. Der Absolvent der Universität London leitet Suu Kyis gemeinnützige Stiftung. Beide gingen schon zusammen zur Schule.
Thant Myint-U, Historiker
Htin Kyaw besuchte Suu Kyi auch regelmäßig während ihres Hausarrestes. In der Öffentlichkeit fiel der jetzt Nominierte bisher jedoch kaum auf.
Die Reaktionen auf seine Nominierung sind aber durchweg positiv. Der Historiker und Präsidentenberater Thant Myint-U twitterte: „Htin Kyaw ist eine herausragende Wahl. Er ist genießt Respekt, ist integer und ein sehr angenehmer Mensch.“
Auch im Parlament wie auf dem Wohngelände der NLD-Abgeordneten bekam Htin Kyaw viel Zustimmung.
Der zweite Kandidat ist ein Vertreter der Chin-Ethnie
Der zweite von der NLD nominierte Kandidat und mutmaliche künftige Vizepräsident ist Henry Van Hti Yu, ein pensionierter Offizier des Militärs von der ethnischen Minderheit der Chin.
„Dass ich nominiert wurde, zeigt, dass die NLD die Angelegenheiten der Minderheiten in Birma ernst nimmt“, sagte der 58-Jährige zu Journalisten. Dem Fernsehsender Democratic Voice of Burma vertraute er an, von seiner Nominierung völlig überrascht zu sein.
Welchen Kandidaten das Militär vorschlägt, soll am Freitag bekannt werden. Wann genau die beiden Kammern des Parlaments aus den drei Kandidaten den Präsidenten und seine beiden Stellvertreter wählen, steht noch nicht fest.
Die Vereidigung des neuen Staatsoberhaupts ist für Ende März geplant.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!