Birma: Bleierne Stille über Rangun
Der UN-Sondergesandte Ibrahim Gambari trifft die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Das Militär hält mit massiver Präsenz und Gewalt die Bevölkerung in Schach.
RANGUN dpa Nach der Unterdrückung der Massenproteste in Birma hofft die Bevölkerung und die internationale Gemeinschaft nun auf die Vermittlungsergebnisse des UN- Sondergesandten Ibrahim Gambari. Der Nigerianer traf am Wochenende mit der Juntaführung und mit der seit Jahren unter Hausarrest stehenden Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi zusammen. Auch Papst Benedikt XVI. äußerte sich am Sonntag besorgt über die Lage in Birma.
Das Treffen mit der Oppositionsführerin habe in einem für Gambari bereitgestellten staatlichen Gästehaus in Rangun stattgefunden, verlautete aus diplomatischen Kreisen. Über den Inhalt des Gesprächs wurde zunächst nichts bekannt. Nach Angaben des britischen Senders BBC war es die erste Begegnung der Oppositionsführerin mit einem Ausländer seit fast einem Jahr. Gambari war am Samstag in Rangun eingetroffen, aber vom Flughafen zunächst direkt weiter in die 300 Kilometer nördlich gelegene Dschungelstadt Naypyidaw geflogen, die von der Junta zum neuen Regierungssitz erklärt worden ist. Dort soll er auch mit dem Junta-Führer Than Shwe gesprochen haben.
In der Metropole Rangun verhinderte am Sonntag ein Großaufgebot von Sicherheitskräften neue Proteste gegen die Militärjunta. In der Innenstadt, wo Tage zuvor noch Zehntausende, angeführt von Mönchen, demonstriert hatten, patrouillierten nun zahlreiche Soldaten durch die Straßen. Noch am Samstag hatten etwa 1.000 Demonstranten in Rangun versucht, zum Trader-Hotel vorzudringen, da sie zunächst vermutet hatten, dass Gambari dort wohnen würde. Ein Großaufgebot von Soldaten blockierte die Zufahrtsstraße. Vor dem Hotel kreisten Sicherheitskräfte etwa 40 Demonstranten ein, die es durch die Sperren geschafft hatten.
Nach Augenzeugenberichten wurden die Demonstranten von Soldaten auf Lastwagen verladen und an einen unbekannten Ort gebracht. Auch in den Städten Mandalay, Sittwe und Pakokku sei demonstriert worden, berichtete die BBC. Im US-Nachrichtensender CNN war zu sehen, wie Festgenommene von Soldaten verprügelt wurden. Die Junta war seit Mittwoch mit großer Härte gegen die demonstrierenden Mönche vorgegangen. Mindestens zehn Menschen, darunter ein japanischer Fotograf, wurden nach offiziellen Angaben getötet. Beobachter gehen jedoch von deutlich höheren Opferzahlen aus. Mittlerweile sind die meisten Klöster des Landes von außen abgeriegelt. Nach unbestätigten Angaben sind in vielen Klöstern nur noch halb so viele Mönche wie zu Beginn des Aufstands - viele seien festgenommen worden, andere geflohen, hieß es. Der in Oslo arbeitende Oppositionssender Democratic Voice of Burma berichtete, am Wochenende seien fast keine Mönche zu sehen gewesen.
China, einer der engsten Verbündeten der Militärführung in Birma, äußerte sich "sehr besorgt" über die Lage im Nachbarland. Ministerpräsident Wen Jiabao sagte in einem Telefongespräch mit dem britischen Premierminister Gordon Brown, Peking hoffe, dass die Konfliktparteien in Birma Zurückhaltung übten. Papst Benedikt verfolgt "mit großer Sorge" die Lage in Birma. Er sprach am Sonntag von überaus schwerwiegenden Ereignissen.
Der Asien-Pazifik-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft (APA) übte unterdessen Kritik am westlichen Kurs gegenüber Birma. Er glaube nicht, dass Birma durch Restriktionen der Europäer und Amerikaner in die richtige Richtung gelenkt werden könne, sagte APA-Vorsitzender Jürgen Hambrecht dem Handelsblatt. "Mit einer Kürzung unserer Unterstützung tun wir gerade das Falsche", kritisierte der BASF- Vorstandsvorsitzende. Zudem habe das Beispiel Irak gezeigt, dass man wissen müsse, wie es nach dem Sturz einer Militärregierung weitergehen soll.
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