Biolandchef über rechtsextreme Bauern: „Kein Raum für Öko-Nazis“
Einige Ökobauern sind offene Nazis, sagt Bioland-Chef Jan Plagge. Per Satzungsänderung will er sie aus Deutschlands größtem Bio-Landwirteverband heraushalten.
taz: Herr Plagge, Bioland hat seine Satzung so geändert, dass Rechtsextreme leichter ausgeschlossen werden können. Wie viele Mitglieder wollen Sie jetzt vor die Tür setzen?
Jan Plagge: Erst mal keines. Wir haben jetzt gehandelt, weil wir aus Studien und den Medien erfahren mussten, dass es Betriebe gibt, die rechtsextremes Gedankengut und ökologischen Landbau in Verbindung bringen. Das waren nicht unsere Mitglieder, und wir haben auch keinen Hinweis darauf, dass Biolandbetriebe betroffen sind oder waren. Aber wir wollen dem einfach vorbeugen.
Wie kann man denn überhaupt Ökolandwirtschaft braun einfärben?
In Mecklenburg-Vorpommern gibt es Gruppen, die ökologische Landwirtschaft betreiben und in der Öffentlichkeit Grundprinzipien des Biolandbaus kombinieren mit nationalsozialistischem Gedankengut. Solche Leute stellen sich oberflächlich betrachtet hinter unsere standortgebundene, heimatverbundene Landwirtschaft und den geschlossenen Betriebskreislauf, also das Prinzip, dass ein Bauer Ackerbau und Viehhaltung miteinander koppelt.
Was haben diese Leute im Sinn?
In Wirklichkeit verfolgen sie so eine rechtsgerichtete Blut-und-Boden-Ideologie. Das ist ein Nazi-Begriff, wonach Grundlage jeder Politik ein – wie sie sagen – rassisch reines Volk auf eigenem Boden ist.
ist Präsident von Bioland. Die Organisation ist mit rund 5.400 Bauern der größte Ökoanbauverband in Deutschland. Seine Mitglieder dürfen wie alle Biobauern nur ohne umweltschädliche chemisch-synthetische Pestizide und Stickstoffdünger arbeiten. Bioland macht darüber hinaus noch strengere Auflagen, zum Beispiel für mehr Platz in den Ställen.
Warum passen Ökolandbau und Rechtsextremismus denn Ihrer Ansicht nach nicht zusammen?
Der ökologische Landbau basiert auf Achtung vor dem Leben. Nur Leben schafft Leben und Vielfalt Fruchtbarkeit. Wenn ich respektvoll der Schöpfung der Natur gegenübertrete, dann gilt genau das Gleiche gegenüber allen Menschen und Kulturen. Deshalb hat eine rassistische Grundeinstellung nichts im ökologischen Landbau verloren.
Werden Sie jetzt Ihre Mitglieder einer Gewissensprüfung unterziehen, um braune Bauern zu erkennen?
Nein. Aber wenn jemand auffällt, indem er sich beispielsweise in den Medien etwa rassistisch, verfassungs- oder fremdenfeindlich äußert, ist das ein Grund für ein Ausschlussverfahren.
Werden Sie NPD-Mitglieder automatisch ausschließen?
Wir werden uns mit jedem Einzelfall intensiv beschäftigen und alle Möglichkeiten eines Ausschlusses nutzen.
Welche neuen Möglichkeiten haben Sie nun dazu?
In der Satzung steht jetzt ausdrücklich, dass Bioland diskriminierenden oder menschenverachtenden Verhaltensweisen entschieden entgegentritt. Und, dass wir Bestrebungen bekämpfen, welche die ökologische Landwirtschaft mit solch extremem Gedankengut verbinden.
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