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Biolandbau stagniertTrotz Förderung in der Nische

Die Fläche des ökologischen Landbaus liegt seit Jahren auf niedrigem Niveau. Jetzt steht fest: Schon für 2010 wurden die Ziele verfehlt.

Biologische Landwirtschaft bleibt in der Nische, wie hier auf einem preisgekrönten Hof in Baden-Württemberg. Bild: dpa

BERLIN taz | Der ökologische Landbau in Deutschland stagniert, neue Flächen gibt es kaum. 990.702 Hektar von 22.000 Betrieben wurden 2010 ökologisch bewirtschaftet, teilte das Bundeslandwirtschaftsministerium mit. Das entspreche 5,9 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche. Mit 10,8 Prozent ist Brandenburg das Bundesland mit dem höchsten Anteil, Schlusslichter sind Schleswig-Holstein und Niedersachsen.

Viel getan hat sich in den vergangenen Jahren nicht: 2009 lag der Anteil bei 5,6 Prozent, vor zehn Jahren waren es 4,1 Prozent. Die Bundesregierung verfehlt damit ein vor zehn Jahren gesetztes Ziel: Rot-Grün beschloss damals in der Nachhaltigkeitsstrategie, dass bis 2010 ein Fünftel der landwirtschaftlich genutzten Fläche ökologisch bewirtschaftet werden soll. Helfen sollten mehrere Projekte und Förderprogramme wie das seit Ende 2001 laufende Bundesprogramm Ökologischer Landbau.

Doch die Programme stoßen bei Umweltschützern auf Kritik: „Es gibt kein einziges Instrument, das konsequent dazu dient, den Ökolandbau zu fördern“, sagt Reinhild Benning, Agrarexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Beispiel Bundesprogramm Ökologischer Landbau: Das war zwar mit knapp 35 Millionen gestartet, doch im Laufe der Jahre nahm das Fördervolumen ab. Derzeit liegt das Budget bei 16 Millionen jährlich. „Mit 35 Millionen wäre zumindest ein anderer Trend sichtbar“, sagt Benning.

Darüber hinaus sei das Programm inhaltlich aufgeweicht worden. 2010 beschloss der Bundestag, dass nicht nur die ökologische, sondern auch „andere Formen der nachhaltigen Landwirtschaft“ gefördert werden. Das seien aber Betriebe, die die Kernregeln des ökologischen Landbaus, nämlich keine synthetischen Dünger und keine synthetischen Pestizide zu verwenden, nicht unbedingt einhalten würden, kritisiert Benning.

Ulrich Jasper von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) macht hohe Pachtpreise mitverantwortlich für das Ausbleiben der Expansion. Gerade Betreiber von Biogasanlagen würden hohe Preise für landwirtschaftliche Nutzfläche bieten. „Das kann man fast nicht mehr durch Förderungen ausgleichen.“ Er plädiert dafür, gesetzlich gegen die für Biogas entstehenden Mais-Monokulturen anzugehen. Eine Fruchtfolge sei besser für die Umwelt und mindere den Ertrag der Anlage – damit würden auch die gebotenen Pachtpreise wieder sinken.

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4 Kommentare

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  • MW
    Michael Wimmer

    am liebsten würde ich jetzt alle Kommentatoren zu einem abendlichen Crashkurs einladen, warum der Ökolandbau es in der jetzigen Nischenphase bei gleichzeitiger EEG-Fehlsteuerung nicht schafft, sich ohne Förderung zu behaupten.

    Kurzum: Der Ökolandbau verzichtet auf Dinge, die wir nicht haben wollen (Überdüngung, Spritzmitteleinsatz, enge Fruchtfolgen, Humusabbau etc.) und schafft Werte die wir alle gerne hätten (Artenvielfalt, sauberes Wasser oder die Entwicklung von Sorten und Produktionsverfahren, auf die wir nach dem Ende des Erdölzeitalters existenziell angewiesen sein werden.

     

    Das alles sind Gemeingüter, die man in unserem Wirtschaftssystem leider nicht ausschließlich an der Ladentheke verkaufen kann!

    Der Skandal ist doch, dass in Europa über 50 Mrd Steuergeld mit der großen Gießkanne in die Landwirtschaft gepumpt werden. Gießkanne heißt: ohne gezielte gesellschaftliche Gegenleistung!

    Michael Wimmer, www.bio-berlin-brandenburg.de

  • A
    Andreas

    Dann frage ich mich: Woher kommt dieses ganze Bio-Zeug aus dem Discounter? Wird das alles in Osteuropa angebaut?

     

    Auf jeden Fall deprimierend zu lesen, wenn man noch die Solarförderung dazu zieht hat man eigentlich keine Lust mehr, eine Zukunft in diesem Land zu gestalten.

  • TF
    Thomas Fluhr

    Wie sieht's denn mit der Gesamtfläche aus? Ist die auch kleiner geworden, oder nur viel Fläche für 'Bio-Sprit' hinzu gekommen und dadurch, prozentual, weniger geworden? Bitte genauere Infos. Wie viel ehemaliges Brachland wird jetzt für Sprit-Pflanzen genutzt?

  • W
    Wombat

    Komische Beschwerden von den BUND Leuten...

    Der Ökolandbau wird doch gefördert, mehr als die normale Landwirtschaft. Was wollen die denn? Warum soll der Staat die unterstützen? Wenn die Nachfrage nach Ökolebensmitteln wirklich so groß wäre, könnten die entsprechenden Betriebe auch überleben. Aber meines Wissens sind nur drei Prozent der verkauften Lebensmittel ökologisch erzeugt. Warum soll der Steuerzahler für etwas blechen, was anscheinend eben doch nicht alle haben wollen?