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Biodieselbranche jammert"Wir werden erdrosselt"

Weil die Steuersubvention bröckelt, beginnt in der Agrarsprit-Branche das große Flehen um bessere Förderung. Kritiker halten Biodiesel längst für den falschen Weg.

Festgefahren im Dieselraps. Bild: dpa

BERLIN taz Es muss schlecht um die Biodieselbranche bestellt sein, wenn man Peter Schrumm vom Bundesverband für Biokraftstoffe hört. "Wir werden erdrosselt. Die Steuergesetzgebung zerquetscht uns", sagt der Cheflobbyist. Sein Geschäftsführer Martin Tauschke beziffert den anstehenden Schaden: "50 Prozent der deutschen Hersteller werden die Preisschraube der Steuererhöhungen nicht überleben", sagte Tauschke taz.de. Auf dem Spiel stehe die Zukunft von 90 überwiegend kleinen bis mittleren Biodieselherstellern in Deutschland.

Die markigen Worte richten sich gegen die Bundesregierung, die seit August 2006 die Steuervorteile für Biodiesel langsam drosselt. Seit August 2006 wird Biodiesel erstmals mit 9 Cent pro Liter besteuert. Bis 2012 werden jährlich weitere 6 Cent aufgeschlagen - bis Biodiesel und fossiler Diesel einheitlich mit 47 Cent besteuert sein werden. Nötig wurde die Steuer nach Angaben des Bundesfinanzministeriums, weil es gegen EU-Recht verstoße, den Kraftstoff vom Acker nicht zu besteuern. Sie setzt aber auch ein ökologisches Signal, denn der als klimaneutral beworbene Krafstoff hat keine tolle Ökobilanz.

Fachleute wie Axel Friedrich, Verkehrsexperte des Umweltbundesamtes, attestieren dem Biodiesel, der in Deutschland aus Rapsöl und Methylalkohol hergestellt wird, eine schlechte Ökobilanz: "Biodiesel ist nicht besser als normaler Sprit", urteilt Friedrich knapp. Nur sieben Prozent des in Deutschland hergestellten Biodiesels werden an der Zapfsäule verkauft. 40 Prozent der Produktion wird konventionellem Diesel beigemischt. Weitere 50 Prozent werden direkt an Betreiber großer LKW-Flotten geliefert. Die übrigen drei Prozent verfahren die Landwirte in ihren Trekkern.

Weil die Steuern auf Biodiesel unaufhaltsam steigen, fürchten die Produzenten um den Markt für reinen Biodiesel. "Weil der Preisvorteil zu fossilem Diesel immer geringer wird, wird der Flottenverbrauch massiv zurückgehen", sagt Martin Tauschke. Schon jetzt sei es kaum möglich, langfristige Verträge mit Großabnehmern auszuhandeln.

Einzelne Politiker aus der Union und der SPD eilen den kriselnden Agrosprit-Branche deshalb zur Hilfe. Die Regierungskoalition erwäge, die zum Jahreswechsel geplante Steuererhöhung für Biodiesel um sechs Cent je Liter auszusetzen, berichtete die Berliner Zeitung am Dienstag. Zudem werde über höhere Quoten zur verpflichtenden Beimischung von Biodiesel zu fossilem Diesel nachgedacht. So wie es schon für die Landwirtschaft gilt, will die SPD den Verbrauch von reinem Biodiesel in den Kommunen von der Steuer befreien. "Ein Tropfen auf den heißen Stein", urteilt Martin Tauschke.

"Damit schaffen wir auf Dauer ein stabiles Marktsegment von bis zu einer Million Tonnen im Jahr", hält der Bundestagsabgeordnete Reinhard Schultz (SPD) dagegen. Eine Aussetzung der Besteuerung und gleichzeitig steuerfreien Biodiesel für die Kommunen werde es nicht geben. "Bei der schrittweisen Einführung der Steuer für Biodiesel wird es bleiben", sagte Schultz.

Das letzte Wort hat das Bundesfinanzministerium. Es denkt nicht daran, die Steuern für Biodiesel einzufrieren, sagt ein Ministeriumsprecher. Statt dessen erwäge man, beim fossilen Diesel den beigemischten Biodiesel-Anteil von derzeit 4,4 Prozent auf sieben Prozent zu erhöhen. Eine Entscheidung darüber werde allerdings nicht fallen, bevor eine Untersuchung des Ministeriums zur Biodieselbranche fertiggestellt sei.

SPD-Mann Schultz hält das Lamento der Biodieselproduzenten auch für übertrieben: "Es wird mit falschen Karten gespielt, denn im ersten Halbjahr hat der Markt für Biokraftstoffe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 20 Prozent zugelegt". Er macht vor allem ineffiziente Produzenten für die Probleme verantwortlich. "Es steht ein Umbauprozess der Branche an, bei dem sich kleine Mühlen zusammenschließen müssen", sagte Schultz.

Tatsächlich hat sich die Biodieselbranche durch ihre zersplitterte Struktur in eine Zwickmühle manövriert. Vor allem gegenüber ihrem zweitgrößten Abnehmer, den Ölmultis, haben sie daher schlechte Karten. Die Ölkonzerne kaufen 40 Prozent der Biodieselprodktion auf, um sie dem fossilen Diesel beizumischen. Doch das Oligopol kann der Branche praktisch die Preise diktieren. Gleichzeitig weht der Branche, in der noch vor zwei Jahren Goldgräberstimmung herrschte, der eisige Wind des Weltmarktes entgegen. Die Rohstoffkosten auf dem Pflanzenölmarkt sind in den letzten Monaten um 20 bis 30 Prozent gestiegen sind. Agrosprit-Giganten wie die USA und Brasilien können ihren mit hohen Subventionen und in riesigen Mengen produzierten Pflanzenkraftstoff einfach billiger anbieten als eine kleine Ölmühle in Mecklenburg. Auch der rasche Ausbau der Produktionskapazitäten in Deutschland auf mittlerweile 4,5 Millionen Tonnen für Biodiesel erweist sich in Zeiten schlechter Preise und hoher Kosten eher als Nachteil.

Wunder erwartet auch Biodiesel-Mann Martin Tauschke deshalb nicht von der Bundesregierung. Er wünscht sich einen Kompromiss: "Anstatt Biodiesel jedes Jahr stur mit sechs Cent mehr zu besteuern, wäre es fairer, den Steuersatz regelmäßig der Marktlage anzupassen."

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