Bio-Lebensmittelmarkt: Weniger Appetit auf Ökofleisch
Wegen der Krisenstimmung Anfang 2010 bricht der Umsatz mit Biogeflügel um 20 Prozent ein. Fleisch-Amateure kaufen deswegen mehr billigeres Hackfleisch statt teurer Filets.
BERLIN taz | Die Verbraucher in Deutschland haben von Januar bis Juni weniger Biofleisch gekauft als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs. Die Ausgaben für Geflügelfleisch sanken um 20 Prozent, die für andere Fleischsorten um knapp 5 Prozent.
Das berichtete die AMI Agrarmarkt Informations-Gesellschaft unter Berufung auf Zahlen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Für konventionelle Ware dagegen bezahlten die Konsumenten bei Geflügel nur 2,7 Prozent und bei anderem Fleisch 2 Prozent weniger.
Für Tier- und Umweltschützer ist das eine schlechte Nachricht, weil Biotiere in der Regel besser gehalten werden als konventionelle: Hühner zum Beispiel haben meist mehr Platz im Stall und mehr Auslauf.
Zudem verwenden Ökomäster fast ausschließlich Futter, das ohne energieaufwendig produzierte chemisch-synthetische Pestizide und Mineraldünger angebaut wird. Trotz dieser Vorteile liegt der Anteil von Bio am Fleischmarkt nur bei rund einem Prozent.
Als Ursache für den Rückgang im ersten Halbjahr 2010 nennen Händler vor allem die Auswirkungen der Wirtschaftskrise. "Im Rahmen der Krise wird weniger Geld im Geldbeutel gefühlt", sagt Tomás Sonntag, Ressortleiter Tierprodukte bei der Naturland Marktgesellschaft. Deswegen hätten viele Menschen auch mehr billigeres Hackfleisch statt teurer Filets gekauft.
"Die Preise sind sehr hoch", ergänzt Rohstoffmanager Sven Euen von der Supermarktkette Tegut, die selbst Fleisch verarbeitet und ein großes Biosortiment hat. Ökofleisch kostet oft 50 bis 100 Prozent mehr als konventionelle Ware. Besonders in Krisenzeiten sparen Verbraucher bei solchen Ausgaben.
Dass die Verbraucher die Folgen der Krise im ersten Halbjahr tatsächlich als sehr negativ wahrnahmen, belegt der Konsumklima-Index des Marktforschungsinstituts GfK. Dieser Wirtschaftsindikator, den das Institut jeden Monat aus mehreren Umfragen unter Konsumenten berechnet, war um die Jahreswende gesunken.
So rechneten die Verbraucher damals nur mit einer langsamen Erholung der deutschen Wirtschaft von der Rezession. Deshalb befürchteten sie, dass die Einkommen sinken würden.
Leser*innenkommentare
EnzoAduro
Gast
Ökofleisch erzeugt mehr CO2 als normales Fleisch.
Aber wer die Lebensqualität von Hähnchen über das Heimatrecht der Tuvalunesen stellt - ok
Oliver
Gast
Dem Artikel fehlt die wichtigste Information: Ob im gleichen Zeitraum auch weniger konventionelles Fleisch gekauft wurde. Denn wenn dies der Fall ist, sind sämtliche Schlüsse und Vorwürfe des Artikels falsch. Und was bitte sind "Fleisch-Amateure"?
Antonietta
Gast
Billiges Fleisch geht nur mit Massentierhaltung, konventionellem Futter und chemischen Mitteln wie Antibiotika. Die Schweine z.B. werden früher geschlachtet und verbrauchen weniger Futter. Statt auf Stroh stehen sie auf pflegeleichten Kunststoffböden mit Spalten, durch die die Exkremente hindurch fallen. Die flüssige Gülle kann wesentlich einfacher entsorgt werden.
sickofit
Gast
ich kaufe sehr viel weniger Ökohuhn weil die Qualität der meisten Biohühner im Ökosupermarkt inzwischen traurig ist. Zäh und/oder tranig, da kann ich es bleiben lassen. In der Konsequenz esse ich kein Huhn mehr, höchstens wenns regional vom guten Metzger ist.
Am liebsten würde ich das Huhn von Chiemgauer essen, aber das ist mir vieel zu teuer. 10 Euro für 2 Filets kann ich nicht mehr nachvollziehen, auch wenns gut schmeckt....
was mich betrifft ist es also nicht die Wirtschaftskrise.
nikki5
Gast
fleisch-amateure???
was solln das sein?
Pipeline
Gast
Ich würde die Zahlen nicht so negativ lesen, immerhin: Auch die Ausgaben für konventionelles Fleisch sind zurückgegangen (wenn auch nicht so stark wie beim Bio-Fleisch). Mir stellt sich noch die Frage: Haben die Menschen nur weniger für Fleisch ausgegeben, oder mussten auch weniger Tiere für den Fleischkonsum sterben? Das wäre dann ja ein echter Gewinn für Tiere und Klima (auch wenn es natürlich schöner wäre, wenn Nutztiere prinzipiell unter Bio-Bedingungen leben könnten).
deviant
Gast
Also verstehe ich das richtig? Die Menschen essen immer weniger Tiere, vor allem die, die vorher Biotiere gegessen haben; und Sie finden "Tierschützer" die das schlecht finden, weil Biofleischtiere glücklicher sind, als Tiere, die überhaupt nicht gemästet und ermordet werden?
Es ist ja offenbar nicht so, dass diejenigen, die vorher Biotiere gegessen haben, jetzt Konventionelle essen würden, schließlich schrumpfte jener Markt ebenso, sondern dass die Leute insgesamt weniger Tiere essen oder im Idealfall gar nicht mehr...und daran kann ich nichts Schlechtes finden.
Aber was soll man machen, wenn der Schreiberling noch aus der "Fleisch ist ein Stück Lebenskraft"-Generation stammt, ohne begriffen zu haben, dass es vor allem ein Stück Lebenskraft für das Tier ist, aus dem es herausgeschnitten werden soll...
Lutz Horn
Gast
Auch Bio-Tiere leben kein ihren natürlichen Bedürfnissen gerecht werdendes Leben. Auch sie werden brutal und häufig bei Bewusstsein und unter Schmerzen geschlachtet. Wer Tierschutz ernst nimmt, sollte sich vegetarisch oder vegan ernähren.
Holländer
Gast
Ist es Zufall das vor allem der Verkauf von Geflügel eingebrochen ist?
Ich konnte mich vorstellen, dass dies die Folge ist von dem Mastbetrieb der konventionelle Hühner als Biohühner verkauft hat. Vielleicht ist es eher versagen der Branche als der Wirtschaftskrise, was man wohl nicht in dem Pressebericht geschrieben hat.
Bessere Kontrollen sind angebracht; heutzutage sind nicht mehr alle Biobauern Idealisten, immer mehr steigen ein um Geld zu verdienen. Auch gemischte konventionelle und Bio-Bauernhöfe sollten verboten sein.
Peter
Gast
Warum soll ich auch auf die Propaganda hören das Ökofleisch besser sein soll? Mir schmeckt normales Fleisch genauso gut!