Binnenvertriebene weltweit: Kongo wird Weltmeister
In keinem Land ist die Zahl der Binnenflüchtlinge 2016 so angewachsen wie im Kongo: Es gab über 900.000 neue Vertriebene. 2017 wird es nicht besser.
Kongo liegt damit noch vor Syrien, Irak, Afghanistan und Nigeria – den vier anderen Ländern, in denen die Zahl der neuen Binnenvertriebenen bei über einer halben Million liegt. Insgesamt, so der Überblick, verloren 6,9 Millionen Menschen weltweit konfliktbedingt im vergangenen Jahr ihre Heimat.
Die Zahlen, die auf UN-Daten beruhen, enthüllen das Ausmaß der neuen bewaffneten Konflikte, die die Demokratische Republik Kongo heimsuchen – vor allem in den Kasai-Provinzen an der angolanischen Grenze, Hochburg der Opposition. Sie sind seit August Schauplatz eines brutalen Krieges zwischen Regierungstruppen und lokalen Milizen, die unter dem Sammelbegriff „Kamuina Nsapu“ fungieren“, sowie ethnischer Vertreibungen im Windschatten dieses Krieges.
Dazu kommen mehrere hunderttausend neue Vertriebene in den Urwaldgebieten der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu, seit Jahrzehnten ein Brennpunkt der Konflikte des Kongo.
Mehr Flüchtlinge als je zuvor
Die IDMC-Zahlen für das Jahr 2016 sind längst von der Realität überholt. Für die Demokratische Republik Kongo werden da insgesamt 2,2 Millionen registrierte Binnenvertriebene genannt – das war die UN-Zahl für Ende 2016. Ende März 2017 zählte die humanitäre UN-Koordinierungsstelle OCHA aber bereits 3,7 Millionen – viel mehr als je zuvor, selbst in den düstersten Zeiten der Kongokriege, als das Land in Warlordterritorien zerfallen war.
837.000 davon, so OCHA, waren Neuvertriebene des Jahres 2017, womit in einem Vierteljahr schon fast so viele ihre Heimat verloren, wie im gesamten Vorjahr gezählt wurden. Dazu wurden 632.000 erfasst, die schon im Vorjahr geflohen, aber nicht registriert waren. Fast alle der neuen Binnenflüchtlinge sind in Kasai unterwegs.
Die Gesamtzahl der Vertriebenen in Kasai steigt seitdem immer weiter: zwischen Ende März und Anfang Mai von 1,09 auf 1,27 Millionen, laut einer Aufstellung des „Assessment Capacities Project“ (Acaps) der UNO. Die Zahlen steigen demnach derzeit um 8.000 am Tag.
Die Dimension der kongolesischen Krise stellt andere signifikante Entwicklungen des Jahres 2016 in den Schatten. So liegt im Vergleich neuer Binnenflüchtlinge zur Gesamtbevölkerung El Salvador auf Platz zwei hinter Syrien – 220.000 Menschen wurden dort von „allgemeiner Gewalt“ zur Flucht gezwungen.
Da sie sich nicht in Lagern sammeln, sondern untertauchen, und da sie Gewaltakte nicht melden, weil sie Angst vor Rache haben, wird dieses Phänomen vom Staat ignoriert, heißt es im IDMC-Überblick.
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