Bildungsstreit: Mit Luftballons gegen Merkel
Studierende protestieren gegen die Bundeskanzlerin an der Humboldt-Universität.
Zum "kreativen Protest" gegen die Bundeskanzlerin und ihre Bildungspolitik hatte am Mittwoch das Bündnis Bildungsstreik an die Humboldt-Universität gerufen. Allerdings finden sich zu Beginn der Demonstration um 12 Uhr vor dem Eingang zum Audimax, wo Angela Merkel auftauchen soll, nur etwa 30 Studierende ein.
Das Grüppchen errichtet symbolisch Bildungshürden aus Holz. Schlagwörter wie "Finanzierung" und "Regelstudienzeit" sind auf ihnen zu lesen. Eine Studentin hält eine lange Kette aus Luftballons in der Hand, beschrieben mit Forderungen wie "Kritische Bildung" und "Kein NC". "Das sind unsere Bildungsträume, die leider platzen werden", erklärt eine Vertreterin des Bündnisses.
Nur fünf Meter weiter drängt sich eine deutlich größere Gruppe. Mehrere hundert Studierende wollen den Vortrag von Kanzlerin Merkel hören, der zu der im Jahr 2000 begonnenen Reihe "Humboldt-Rede zu Europa" gehört. "Über die Misstände an den Unis, die durch die Europäisierung des Hochschulsystems entstanden sind, wird sie nicht sprechen", ist bei den Protestierenden zu hören. Das neue System kompliziere das Studium und führe zu längeren Studienzeiten. Auslandsaufenthalte und individuelle Schwerpunkte seien in der knappen Regelstudienzeit nicht mehr möglich. "Wir fordern eine kritische Wissenschaft und ein kostenfreies Studium für alle", so die Organisatoren.
Kurz nach 13 Uhr kommt ein Anruf aus dem Foyer der Universität: Die Kanzlerin sei bereits im ersten Stock des Gebäudes und auf dem Weg zum Audimax. Eilig positionieren sich die Studierenden mit Transparenten und Luftballons im Treppenhaus. Den Aufgang haben Sicherheitsbeamte längst abgeriegelt. Die Rufe der Protestierenden aber hallen laut durch alle Stockwerke, die Ballons mit ihren Träumen platzen. Die Kanzlerin sieht das jedoch nicht: Abgeschirmt betritt sie den Hörsaal. Während drinnen der Vortrag beginnt, beziehen draußen die inzwischen über 80 Protestierenden wieder Stellung - um Merkel laut skandierend doch noch zu erreichen.
TERESA SITZMANN
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