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Bildungsproteste in ChileEine Million Chilenen für Reformen

Die studentische Protestbewegung befragt das chilenische Volk zum Bildungssystem. Eine Million Menschen beteiligen sich und fordern mehr staatliche Leistungen.

Drei Monate hatten Studierende die Universität in Valparaíso besetzt, jetzt wurde sie geräumt. Bild: reuters

BUENOS AIRES taz | Nach den monatelangen Protesten von Studierenden und Lehrkräften haben sich in Chile mehr als eine Million Menschen an einer Volksbefragung zum Bildungssystem beteiligt. Nach der Auswertung von bisher rund 60 Prozent der Antworten sprachen sich über 90 Prozent für grundlegende Reformen aus.

Die für die Regierung nicht verbindliche Befragung war am Wochenende von Schülern, Studenten und Lehrkräften von Schulen und Universitäten organisiert worden. An landesweit über 1.000 Ständen konnten alle ChilenInnen ab 14 Jahren ihr Votum abgeben. Rund die Hälfte der Teilnehmer stimmte über das Internet ab.

Bei der Befragung sprach sich die übergroße Mehrheit für eine stärkere Rolle des Staates bei der Bildung, kostenlose Schulen und Hochschulen sowie der Durchführung eines für die Regierung verbindlichen Referendums aus. "Wir werden die Ergebnisse der Regierung in den kommenden Tagen übergeben", sagte Jaime Gajardo, der Vorsitzende des nationalen Lehrerverbandes Colegio de Profesores. Kritik an der Abstimmung über das Internet wiesen die Organisatoren zurück. "Wir haben die Möglichkeit, das Internetvotum zu überprüfen", sagte ein Sprecher.

Die Abstimmung galt auch als Stimmungstest nach dem ergebnislosen Abbruch der Gespräche über eine Reform des Bildungssystems zwischen der Regierung und den Studenten vergangener Woche. Seit Mai gehen in Chile Schüler, Studenten und Lehrer für ein verbessertes und kostenloses Bildungssystem auf die Straße. Erst in der vergangenen Woche hatten chilenische Sicherheitskräfte unter Einsatz massiver Gewalt eine Protestkundgebung von Schülern und Studenten aufgelöst. Dabei waren 30 Menschen verletzt worden.

Viele Schulen und Hochschulen sind in privater Hand. Die Gebühren sind oft so hoch, dass viele Hochschulabsolventen mit einem Schuldenberg ins Berufsleben starten. Insgesamt wird nur ein Viertel der Kosten für das Bildungswesen vom Staat finanziert, drei Viertel müssen die Schüler und Studenten aufbringen. 80 Prozent der Bevölkerung unterstützen deren Forderungen, darunter die nach kostenloser Bildung. Der Rückhalt für den rechtsgerichteten Staatschef Piñera lag zuletzt nur noch bei 27 Prozent.

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1 Kommentar

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  • B
    Birgit

    Buenos Aires? Dann ja wohl eher Santiago, oder?