: Bildende Wortspiele
Schulausschuss macht sich in Sachen kindlicher Bildung kundig. Sirpa Rönkä berichtet live vom PISA-Weltmeister Finnland
von SANDRA WILSDORF
Selten sind sich Parteien so einig wie in der Frage, dass sich am deutschen Bildungssystem etwas ändern muss. Über das „was?“ gibt es dann jedoch schnell wieder Streit. Deshalb war Christa Goetsch, schulpolitische Sprecherin und inzwischen Chefin der GAL-Fraktion, überrascht, als sich vor knapp einem Jahr nahezu alle Hamburger Bürgerschaftsparteien von ihrem Vorschlag zum „Bildungsjahr Fünf Plus“ angetan zeigten. Gestern nun machte sich der Schulausschuss in einer Anhörung kundig, wie das kostenfreie Bildungsjahr für alle noch nicht schulpflichtigen Kinder organisiert werden könnte.
Die GAL hatte dazu die finni-sche Bildungsexpertin Sirpa Rönkä eingeladen. In ihrer Heimat sind Kinder ab sieben schulpflichtig. Ab sechs Jahren haben sie Anspruch auf ein Vorschuljahr, entweder im Kindergarten oder bereits in einer Schule. Der Inhalt ist gleich: Die Kinder erhalten ein Lernumfeld, das sie anregen soll. Die Tage sind nicht in Fächer, sondern in Themenbereiche wie Sprache, Mathematik, Ethik, Umwelt, Gesundheit und Kultur unterteilt. Lernziele werden nicht in Noten abgeprüft, sondern die Kinder intensiv beobachtet. Das Vorschuljahr ist kostenfrei und freiwillig, „aber über 90 Prozent nehmen es in Anspruch“, sagt Rönkä.
Ausländische Kinder bekommen bereits in der Vorschule etwa 20 Stunden Finnischunterricht pro Woche und zusätzlich zwei bis drei Stunden in ihrer Muttersprache. Auch in der anschließenden Schule gilt das Prinzip der Zweisprachigkeit: „Die Ziele des Finnischunterrichts sind bei einem finnischen Kind andere als bei einem ausländischen Kind“, sagt Rönkä. Für ein ausländisches Kind ist Finnisch erste Fremdsprache und es kann sogar das Abitur in seiner Muttersprache ablegen – übrigens ein landesweites Zentralabi.
Wenn finnische Kinder mit sieben in die Schule kommen, gehen sie zunächst sechs Jahre lang in eine Grundschule und anschließend drei Jahre in die Mittelstufe. „Anschließend entscheiden sich etwa 60 Prozent für die gymnasiale Oberstufe“, erzählt die Pädagogin. Prinzipiell kann man nicht sitzenbleiben, und die ersten Jahre werden alle Kinder gemeinsam unterrichtet, „eine Gesamtschule, aber das ist in Deutschland ja ein problematisches Wort“, hat Sirpa Rönkä richtig erkannt. Sie schlägt deshalb vor, sie in „Einheits“- oder „Gemeinschaftsschule“ umzubenennen.
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