: Bilanzen sind bei Stella ein Phantom
■ Beim „Cats“-Vermarkter Rolf Deyhle sollen sowohl 90 Prozent der Aktien als auch die private Gemäldesammlung verpfändet sein
Berlin (taz) – Der Eigentümer der Musicalkette Stella, Rolf Deyhle, steckt in arger Geldnot. 90 Prozent der Stella-Aktien sowie seine kostbare Gemäldesammlung seien bereits verpfändet, schreibt der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe. Nicht das Musicalgeschäft selbst, sondern umfangreiche Bauprojekte in Berlin, Freiburg und Südfrankreich sind Deyhle anscheinend über den Kopf gewachsen. Deyle kommentierte den Bericht bislang nicht.
Rolf Deyhle verfügt mit Stella über ein verschachteltes Konglomerat von rund 50 Firmen. Seine Stella AG betreibt seit 1986 überaus erfolgreich sieben Musicalhäuser, unter anderem in Hamburg, Bochum und Stuttgart. Dort wird jeweils nur ein einziges Stück endlos abgespielt, darunter „Cats“, „Phantom der Oper“ und „Starlight Express“. Über 20 Millionen Menschen sollen bereits zugeschaut haben.
Mißtrauen erregte in der Vergangenenheit, daß Rolf Deyhle bislang seine Geschäftsbilanzen nicht offengelegt hat. Daher kam es zu einem Streit in der baden- württembergischen Landesregierung, als die CDU gegen den Willen der FDP mit der oppositionellen SPD am vergangenen Dienstag einer 30 Millionen Mark Bürgschaft für Deyhle zustimmte. Damit sicherte das Land den Verkauf von fünf Prozent der Stella-Aktien an die dortige Landeskreditbank (L-Bank). Mit den 50 Millionen Mark Verkaufserlös hatte Deyhle eigenen Angaben zufolge seiner Immobilien-Tochter Instag aus einer Finanznot helfen wollen.
Der Koalitionspartner FDP war gegen die Bürgschaft und fragte, warum Deyhle nicht seine Gemäldesammlung südwestdeutscher Maler als Sicherheit gebe, deren Wert immerhin auf 450 Millionen Mark geschätzt wird. Doch die ist offenbar schon verpfändet. Die Hilfsbereitschaft der großen Parteien für Deyhle, dessen Firmensitz in Hamburg liegt, wird verständlich, wenn man in den Stuttgarter Stadtteil Möhringen blickt: Dort hat Deyhle ein Vergnügungsviertel mit Spielbank, Kinos, Musical und Hotels hochgezogen.
Eigentlich wollte Deyhle seine Stella AG schon 1997 an die Börse bringen. Doch die Streuung von 49 Prozent der Aktien mußte verschoben werden. Die renommierten Investmentbanken Goldman Sachs sowie Morgan Grenfell, die den Börsengang ursprünglich koordinieren sollten, zogen sich nach einem Meinungsstreit zurück. Nun ist die Aktienausgabe bis Ende des Frühlings geplant. Doch viel wahrscheinlicher als der Börsengang ist inzwischen wohl der Einstieg von Großinvestoren. Es sollen sich bereits zwei Kaufinteressenten gemeldet haben.
Stella machte Deyhle zufolge 1997 knapp 600 Millionen Mark Umsatz und 49 Millionen Mark Gewinn vor Steuern. Eingerechnet sei darin bereits die Mehrheitsbeteiligung an der Hamburger Kinogruppe Flebbe (Cinemaxx). 1999 will Stella den „Glöckner von Notre Dame“ in der Version von Disney auf die Musicalbühne in Berlin zerren. Matthias Urbach
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