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Bibliothek „Fasiathek“ in Hamburg-AltonaVernachlässigte Perspektiven

Bücher Schwarzer Au­to­r*in­nen gibt's viele. Aber in Deutschland sind sie schwer erhältlich. Die Hamburger „Fasiathek“ soll helfen, das zu ändern.

Liedermacherin Fasia Jansen (l.) ging vorneweg. In Hamburg folgt eine Bücherei ihrem Vorbild Foto: Fasia Jansen Stiftung

Hamburg taz | Bücher von Schwarzen Au­to­r­*in­nen sind selten in Deutschland. Dabei gibt es gar nicht so wenige. Aber das Problem mit ihnen ist, dass sie eben selten sind – also kaum im Handel, kaum in den öffentlichen Bibliotheken vertreten und als regelrecht versteckte Schätze für den normalen Literaturliebhaber nahezu unerreichbar bleiben.

Millicent Adjei versucht, das zu ändern. Der Verein „Arca – Afrikanisches Bildungszentrum“, dem sie angehört, hat nun die „Fasiathek“ eröffnet: die erste Bibliothek in der er es ausschließlich Bücher von Schwarzen Au­to­r:in­nen gibt. In den Räumen der Fux Genossenschaft, der ehemaligen Viktoria-Kaserne in Hamburg-Altona, gibt es mehrere Hundert Bücher, die vor Ort gelesen werden können.

Die Sammlung umfasst Sachbücher, Lyrik, Theater, Romane, Kinderbücher und mehr. Und richtet sich an „Bürger:innen Hamburgs die sich mit Schwarzer, afrikanischer, afrodeutscher Geschichtsschreibung, aus der afrikanischen und Schwarzen Perspektive auseinandersetzen möchten“, so Millicent Adjei zur taz.

Die Fasiathek wirkt mit ihren Tischreihen und der Theke wie ein Lesecafé und lädt deswegen dazu ein, die Bücher gleich vor Ort zu lesen. Aber der Bestand setzt sich mehrheitlich noch aus gespendeten Büchern zusammen, die den verschiedenen Communities und den Mit­glie­der:in­nen des Vereins privat gehörten: Aktuell sind wir noch eine Präsenz-Bibliothek, aber in Zukunft wollen wir die Bücher auch tatsächlich verleihen können“, sagt Adjei, die Sozialökonomie in Hamburg studiert hat.

Die Bibliothek

Fasiathek: c/o Fux eG., ehemalige Viktoria-Kaserne, Zeiseweg 9, Hamburg. Geöffnet: Di 12–17 Uhr, Mi 10.30–17, Do14–19, ­

Fr 15–20 und Sa 10.30–16;

Der Bücher-Fundus wächst stetig und es gibt schon einige Bestseller in der Fasiathek: „Das beliebteste Buch bei uns ist gerade ,How Europe Underdeveloped Africa' von Walter Rodney“, erklärt Adjei, die große Holzohrringe in der Form des afrikanischen Kontinents trägt.

Walter Rodney war ein Politiker und Aktivist aus dem Karibikstaat Guyana und eine wichtige Figur der Black-Power-Bewegung. Genauso im Fasiathek-Regal: klassische Herzschmerz-Geschichten von Tsitsi Dangarembga aus Zimbabwe. Oder „I Believe I can“ von der US-Amerikanerin Grace Byers, die eigentlich als Schauspielerin bekannt ist und mittlerweile Bücher für Kinder schreibt, um ihr Selbstvertrauen zu stärken.

Die Sprachen der Bücher in der Fasiathek sind so vielseitig wie die Themen. Vorhanden ist Literatur auf den Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Portugiesisch. Und bald steht das nächste Projekt für die Fasiathek an: „Wir möchten unseren Fokus mehr auf afrikanische Sprachen legen. Wir haben schon einige Bücher auf Yoruba hier.“ Yoruba gehört zu einer der am meisten gesprochenen Sprachen in Westafrika: In Nigeria und Benin wird sie von um die 30 Millionen Menschen gesprochen. Trotzdem gestaltet sich die Beschaffung dieser Bücher als äußerst schwierig.

„Da sind wir schon sehr auf die Communities angewiesen, bei diesen Sprachen“, muss Adjei zugeben. Themen der Bücher sind zweitrangig in der Fasiathek. Wichtig ist nur, dass die Inhalte eine Schwarze Perspektive wiedergeben. Die kommt für Millicent Adjei nämlich zu kurz: „Es braucht eine extra Bibliothek dafür. Es gibt viele Bücher über Afrika, die aber nicht von Afri­ka­ne­r:in­nen und ihrer Diaspora geschrieben sind. Es geht auch darum, unsere eigene Geschichte aus unserer Perspektive erfahren zu können.“

Es gehe nicht darum, nicht-schwarze Au­to­r:in­nen auszuschließen. Sondern darum, dass Schwarze Au­to­r:in­nen durch Orte wie der Fasiathek sichtbarer gemacht werden. In den Listen der Universitäten oder staatlichen Bibliotheken tauchen sie entweder nicht auf oder werden nicht als solche gekennzeichnet: „Die anderen Bibliotheken bestellen die Bücher vielleicht erst nachträglich, wenn sie darauf angesprochen werden“, argumentiert Adjei.

Es geht in der Fasiathek auch darum, die Verhältnisse zwischen Schwarzen und nichtschwarzen Au­to­r:in­nen auszugleichen: „Wir sind nun mal eine Spezialbibliothek, Bücher von weißen Au­to­r:in­nen gibt es sowieso in jeder anderen Bibliothek. Das ist bei Schwarzen Au­to­r:in­nen nicht der Fall.“ Tatsächlich sind auch Bücher weißer Au­to­r:in­nen zu finden in der Fasiathek, aber unter folgender Bedingung: „Wenn es sich um eine Kollaboration mit einer Schwarzer Au­to­r:in handelt.“

Mit der Fasiathek möchte der Verein Arca auch seinem selbstauferlegten Bildungsauftrag gerecht werden. Deswegen finden dort auch Lesungen, Workshops oder andere kulturelle Veranstaltungen statt. Kalligraphie-Kurse für Kinder und Jugendliche gibt es in den Sommerferien. Die Aufklärungsarbeit über afrodiasporisches Leben zieht sich durch alle Strukturen des Vereins.

Das zeigt auch der Name „Fasiathek“. Er erinnert an Fasia Jansen, eine Frau, die als Kind eines Schwarzen Mannes und einer weißen Mutter während der NS-Zeit in Hamburg aufwuchs und immer wieder rassistische Diskriminierung erfuhr – aber auch Solidarität. 1991 wurde Jansen ein Bundesverdienstkreuz für soziales Engagement verliehen. Adjei ist selbst sozial engagiert.

Die Be­trei­be­r:in­nen sind neben Vereinstätigkeiten auch aktivistisch unterwegs, immer mit dem Schwerpunkt Afrika in einem Bildungskontext. Deswegen soll die Fasiathek auch ein Ort für jene sein, um etwaige Bildungslücken über Schwarzes Leben zu schließen.

Die Fasiathek hat immer mal mit Geldlücken zu kämpfen und bleibt auf Spenden angewiesen. Es gibt keine Person, die Vollzeit für den Verein arbeiten kann. Im Fux-Gebäude hat man zumindest eine Heimat gefunden. Die Suche nach Räumen hatte mehrere Jahre gedauert. Der Einzug hier war ein wichtiger Schritt für Adjei und den Verein: „Hey, wir sind jetzt hier und wir bieten Bücher von Schwarzen Au­to­r:in­nen an. Trotzdem möchten wir uns weiter professionalisieren, auch um das besser nach außen tragen zu können.“

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