Bezirkpolitiker für den Umsonstladen: Häuserkampf auf bürokratisch
Abgeordnete in Mitte wollen verhindern, dass die Modedesignerin Henriette Joop einen Neubau errichten kann. Mit der Änderung des Bebauungsplans soll die Existenz des Hausprojekts in der Brunnenstraße 183 gesichert werden.
Es ist vielleicht der letzte Versuch, das Hausprojekt in der Brunnenstraße 183 in Mitte vor der Räumung zu retten. Für dessen Eigentümer, Manfred Kronawitter, muss ein Ersatzgrundstück gefunden werden, damit er sein geplantes Mehrgenerationenwohnprojekt anderswo umsetzen kann. Der Bezirk Mitte, der das Projekt in diesem Punkt unterstützt, ist in der Ackerstraße fündig geworden. Doch für das Grundstück gibt es noch eine andere Interessentin - die Modedesignerin Henriette Joop, die mit ihrer Firma Jette von Hamburg nach Berlin ziehen will. Und der landeseigene Liegenschaftsfonds, in dessen Zuständigkeit das Grundstück fällt, entschied sich für die Designerin. Am Mittwoch wollen Bezirksabgeordnete im Stadtentwicklungsausschuss deswegen den Bebauungsplan ändern und so verhindern, dass Joop den Neubau nutzen kann, wie sie es offenbar plant.
Derweil zieht Eigentümer Kronawitter, ein Arzt aus Passau, weiter gerichtlich gegen das Hausprojekt ins Feld und klagt einen Bewohner nach dem anderen aus den Wohnungen heraus. Auch der "Umsonstladen" im Erdgeschoss, in dem ausgediente Gegenstände getauscht werden können, steht nach einem Urteil aus der vergangenen Woche vor dem Aus. "Der Eigentümer zieht die harte Schiene durch", meint Manuela Pieper, Vorsitzende des Informationsladens Dritte Welt, der den Laden führt.
Manfred Kronawitter meint, zu Unrecht den schwarzen Peter zugeschoben zu bekommen. Er habe sich schließlich kompromissbereit gezeigt; er saß mit am runden Tisch, den der Bezirk Mitte einberufen hat, und hat gemeinsam mit den Bewohnern nach Lösungen gesucht. Er sei zum Tausch bereit gewesen und habe sich auf einen Neubau in der Ackerstraße 28 eingelassen. Die Entscheidung des Liegenschaftsfonds hat jedoch diese Option platzen lassen.
Zum Ärger einiger Bezirksabgeordneter: In einem offenen Brief von Mitte Dezember beschweren sich Lars Neuhaus (SPD), Thilo Urchs (Linke) und Frank Bertermann (Grüne) darüber, dass der Bezirk in seiner Planungshoheit übergangen worden sei. Allerdings könne der Liegenschaftsfonds über sein Grundstück frei verfügen, räumte Thilo Urchs gegenüber der taz ein. Eine rechtliche Handhabe hat der Bezirk nicht.
Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) selbst ist noch einmal in die Offensive gegangen und hat beim Liegenschaftsfonds nach einem Ersatzgrundstück für den geprellten Kronawitter nachgefragt. Jedoch konnte bislang kein passendes Areal gefunden werden. Hanke findet das frustrierend.
Die Bauplätze in Mitte seien rar, das weiß auch Frank Bertermann, der allerdings daran festhalten möchte, dass für Joop ein neues Grundstück gesucht werde und nicht für Kronawitter. Denn der Bebauungsplan sieht für die Freifläche an der Ackerstraße eine Mischbebauung vor, der Gewerberäume nur in den beiden unteren Geschossen zulässt. Zwar gebe es Ausnahmen für freie Berufe, die in den Wohnanteilen arbeiten dürfen, bestätigt Sven Dietrich, Bezirksabgeordneter für die Linke, doch will der Stadtentwicklungsausschuss des Bezirks das am Mittwoch unterbinden. Diese Nachbesserung im Bebauungsplan sei notwendig, meint Dietrich, um den Wohnanteil zu sichern. Wenn der Bebauungsplan dann festgesetzt sei, stellt sich für Bertermann die Frage, ob Joop ihre Firmenpläne in der Ackerstraße noch umsetzen könne.
Wenn es nach dem Willen des Landes geht, dann soll jedoch auch das Nachbargrundstück in der Invalidenstraße 5 an Joop verkauft werden. Das wurde auf einer Sitzung des Steuerungsausschusses des Liegenschaftsfonds am Mittwoch bekannt. Weil für das Grundstück aber der Deutsche Chorverband vorgesehen war, sorgen diese neuen Pläne zusätzlich für Zündstoff, sodass eine Entscheidung darüber vertagt wurde. STEFAN OTTO
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