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Beziehungen zwischen EU und USAMeloni in der Zwickmühle

In Washington positioniert sich die italienische Ministerpräsidentin zwischen EU und Trump. Keine leichte Übung.

Digitaler Drahtseilakt: Meloni auf der Leinwand bei der Washingtoner Konferenz CPAC (Conservative Political Action Conference) Foto: Nathan Howard/reuters

Rom taz | Stehende Ovationen gab es am Samstagabend für Giorgia Meloni auf der CPAC-Konferenz in Washington, dem Treffen der amerikanischen Rechtspopulisten. Meloni sprach dort per Videoschalte, kurz vor Donald Trump, dem Star des Meetings. Noch am Vortag war dort Steve Bannon mit einem Hitlergruß aufgefallen, der wiederum Jordan Bardella, den Präsidenten der französischen Rechtspopulisten vom Rassemblement National dazu bewog, seinen Auftritt zu canceln.

Italiens Ministerpräsidentin dagegen sprach zu den Trump- und MAGA-Fans; schließlich sitzt sie mit ihnen seit Jahren in einem Boot, wie sie auch in ihrer Rede betonte. Denn erst einmal teilte sie gegen die „globalistischen Eliten“ aus, gegen das „Virus der Cancel Culture und der Woke-Ideologie“, gegen „die radikale Linke“, die „unsere Identität untergräbt“.

Dumm nur für Meloni, dass sie nicht nur Frontfrau des weltweit wachsenden Rechtspopulismus ist, sondern auch Regierungschefin eines der wichtigsten EU-Länder. In dieser zweiten Rolle positioniert sie sich seit ihrem Amtsantritt im Oktober 2022 klar: Sie pflegt ihr Image als zuverlässige Kraft in der Union, hat eine stabile Achse zur Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen geschmiedet. Im Ukrainekonflikt hat sie sich als überzeugte Unterstützerin Wolodymyr Selenskyjs gezeigt, Waffenlieferungen an die Ukraine genauso wie Sanktionen gegen Russland mitgetragen und damit auch Trumps Vorgänger Joe Biden für sich eingenommen.

Diese Zeiten sind vorbei – und Meloni hat ein Problem. Sie könnte sich jetzt genauso wie Robert Fico, Ministerpräsident der Slowakei, der auch auf der CPAC-Konferenz sprach, umstandslos auf Trumps Seite schlagen, doch sie wählte einen anderen Weg: den Balanceakt auf dem Hochseil.

Melonis Balanceakt auf dem Hochseil

Sie lobte die Ukraine, „wo ein stolzes Volk gegen eine unrechtmäßige Aggression für seine Freiheit kämpft“ – eine Position, die unter den MAGA- und Trump-Fans alles andere als selbstverständlich ist. Sie forderte einen „gerechten und dauerhaften Frieden“, machte aber deutlich, dass nur „starke Leader“ wie Donald Trump den Konflikt lösen können. Sie fügte hinzu, eine Lösung sei allerdings nur „mit dem Beitrag aller“ möglich, sprich auch der Ukraine und der EU.

Auch auf einen weiteren sich anbahnenden Konflikt zwischen den USA und der EU kam sie zu sprechen: auf die Zölle. Dort werde „jeder seine nationalen Interessen verteidigen, unter Bewahrung unserer Freundschaft“. Es gelte aber auch zu bedenken, „wie sehr die unabsehbaren Folgen eines Handelskriegs anderen Großmächten Vorschub leisten“.

Für Trumps MAGA-Kurs oder für die EU? Meloni antwortet mit einem kräftigen Sowohl-als-auch, ganz im Stil ihrer eigenen Koalition in Rom, wo ihre postfaschistischen Fratelli d’Italia mit den Juniorpartnern Forza Italia und Lega regiert. Während Forza-Italia-Chef und Außenminister Antonio Tajani klar auf den proeuropäischen Kurs setzt, trommelt der Lega-Anführer Matteo Salvini für Trumps Ukraine-Kurs – genauso wie für den Wahlerfolg der AfD in Deutschland.

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