Bezahlung in der Gastronomie: In der Regel Rechtsbruch
Die „Initiative Gastrolohn“ hat die Arbeitsbedingungen in Hamburger Bars und Restaurants untersucht. Das Ergebnis: Arbeitsrechte werden selten eingehalten.
Eine Verletzung der Arbeitsrechte gehört in vielen Hamburger Bars und Restaurants offenbar zum Geschäftsmodell. Das jedenfalls legt das Ergebnis einer Befragung zu Löhnen und Arbeitsbedingungen in Hamburger Gastronomiebetrieben nahe. Die „Initiative Gastrolohn“ hat in einer Online-Befragung und in persönlichen Gesprächen Daten über die Zustände in Bars und Restaurants gesammelt und am Sonntag im Rahmen einer Releaseparty veröffentlicht. Hinter der Initiative stehen Einzelpersonen und Mitglieder von Basisgewerkschaften.
Arbeitsrechte wie eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlter Urlaub sind den meisten Gastronomen nach den Befragungsergebnissen ebenso fremd wie die Bezahlung von Bereitschaftsdiensten. Auch unbezahlte Putztätigkeiten nach Feierabend sind keine Seltenheit. Erfasst sind in der Befragung 24 Betriebe verschiedener Kategorien und Preisklassen: vom Sternerestaurant „Landhaus Scherrer“ in der Elbchaussee über Szene-Läden wie den „Feldstern“ auf St. Pauli bis hin zu Tanzkneipen wie der „Barbarabar“ auf dem Hamburger Berg.
„Es war uns wichtig, ein repräsentatives Bild der Zustände in der Hamburger Gastro-Landschaft zu erhalten“, sagt Katharina Alt von der „Initiative Gastrolohn“. Man habe sich aber auf die Viertel St. Pauli und Sternschanze konzentriert, da diese mit ihrer hohen Gastronomie-Dichte das „Rückgrat der Hamburger Tourismusbranche“ bildeten.
Die InitiatorInnen hatten sich gefragt: „Können die Menschen, die in diesen Vierteln arbeiten, selbst dort leben?“ Bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von 8,11 Euro brutto ist das schwierig. Einige Betriebe zahlen ihren MitarbeiterInnen nur sieben Euro pro Stunde, das „Wohlers“ in Altona gar nur 6,50 Euro.
In einer Online-Befragung hat die Initiative Gastrolohn Daten über Löhne und Arbeitsbedingungen in 25 Hamburger Betrieben gesammelt.
8,11 Euro pro Stunde beträgt der dabei ermittelte Durchschnittslohn. Bis auf wenige Ausnahmen zahlen die Arbeitgeber keinen Lohn im Krankheitsfall oder während des Urlaubs.
Unbezahlte Überstunden, Bereitschaftsdienste oder Putzdienste leisten viele der Beschäftigten, in der "Pony Bar" waren es sogar sogar unbezahlte Renovierungsarbeiten.
Rassismus und Sexismus wurden in einigen Betrieben angeführt. Aus dem "Ex-Sparr" hieß es, die "Belegschaft wird schikaniert und eingeschüchtert". Auch bei "Balzac Coffee" herrschen demnach Arbeitsdruck und "Gängelei durch Vorgesetzte".
Unbezahlte Überstunden gehören zur Regel. Im „Landhaus Scherrer“ etwa kommen zur offiziellen Arbeitszeit im Schnitt 20 unbezahlte Wochenstunden hinzu. Rechnet man den offiziellen Stundenlohn von 7,69 auf die real geleistete Stundenzahl, verdient ein ausgebildeter Gastronom in dem Sternerestaurant 5,05 Euro pro Stunde.
Insgesamt arbeiten 80 Prozent der Befragten in prekären Arbeitsverhältnissen, ergab die Studie. Die meisten haben keinen festen Arbeitsvertrag, arbeiten im Minijob-Verhältnis oder in Scheinselbstständigkeit. „Es herrscht große Unkenntnis der Rechtslage“, stellt Alt fest. „Viele Gastro-Arbeiter wissen gar nicht, dass sie im Krankheitsfall weiter bezahlt werden müssen.“ Einer der Befragten habe berichtet, eine Lohnfortzahlung bei Krankheit habe er in seiner ganzen Gastro-Laufbahn noch nicht erlebt. „Diese Verletzung von fundamentalen Arbeitsrechten bedeutet ein ernsthaftes Problem für eine breite Bevölkerungsschicht“, resümiert Alt.
Die letzte Frage auf dem Evaluationsbogen lautete: „Warum arbeitest du trotzdem in der Gastronomie?“ Als Antwort wurden flexible Arbeitszeiten genannt oder die Bar-Bezahlung. „Solange man nicht krank wird, keinen Urlaub machen, in seine Rente einzahlen, aus der WG ausziehen oder eine Familie gründen will, funktioniert das ganz gut“, sagt Jan Kammerer von der Initiative.
Der erste Durchgang der Befragung ist abgeschlossen, die „Initiative Gastrolohn“ will aber weitermachen. Während der Fragebogen auch in Zukunft online verfügbar ist, wollen die InitiatorInnen jetzt mit den Betroffenen gemeinsam überlegen, was mit den Ergebnissen passieren soll. Zunächst wird plakatiert: Die ausgewerteten Daten sollen den KundInnen und den BetreiberInnen der Läden an Ort und Stelle auf Plakaten präsentiert werden.
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