Bewaffneter Streik in Kolumbien: Nur ein Kopf der Hydra
Kolumbiens Präsident Duque entledigt sich per Auslieferung eines Drogenbosses und erklärt das Problem für gelöst. Doch das ist es mitnichten.

Bogotá am 4. Mai: Der festgenommene Drogenboss Dairo Antonio Usuga wird von der Polizei eskortiert Foto: Präsidialamt Kolumbien via ap
Der „bewaffnete Streik“ des kriminellen Golf-Clans in Kolumbien zeigt: Die Sicherheitspolitik der Regierung von Präsident Iván Duque ist gescheitert. Duque verfolgt offiziell dieselbe Strategie wie im erfolglosen Krieg gegen Drogen. Anstatt mit einer Umsetzung des Friedensabkommens die Ursachen des mehr als 50 Jahre währenden bewaffneten Konflikts zu bekämpfen, setzt er darauf, prominente Köpfe auszuschalten.
Bei der Festnahme des Drogenbosses Dairo Antonio Úsuga David alias Otoniel verkündete er das Ende des Golf-Clans. Tatsächlich ist der stärker denn je. Nach Lust und Laune nimmt er 3,5 Millionen Menschen in Geiselhaft, wie vier Tage bewaffneter Streik zeigten, dessen Ausmaß Duque öffentlich abstreitet.
Die bewaffneten Gruppen sind nicht mehr so hierarchisch wie früher. Ein Boss hinter Gittern behindert sie kaum. Sie erklären dem Staat nicht mehr offen den Krieg, sondern höhlen ihn von innen aus mit Korruption und schmutzigen Deals. Das betrifft Polizei, Armee, Politik, Landbesitzer, Unternehmer:innen. Duque hat diese Strukturen nicht angetastet. Zu viele Ungereimtheiten gibt es im Fall Otoniel, der offenbar tatsächlich auspacken will.
Seine Aussagen gegenüber der Wahrheitskommission hat die Polizei im Gefängnis massiv behindert. Mitschnitte wurden gestohlen. Dann unterschrieb Duque ein Dekret, um Otoniel an die USA auszuliefern. Die Opfer sind so um die Chance gebracht, die Wahrheit zu erfahren. In der Vergangenheit bekamen Verbrecher für die Drogendelikte – nur einen Teil ihrer Straftaten – in den USA relativ milde Urteile. Die Mächtigen in Kolumbien blieben in Amt und Würden.
Am 29. Mai findet der erste Durchgang der Präsidentschaftswahlen statt. Viele Menschen werden aus Angst nicht wählen gehen. Der Golf-Clan hat das Bündnis des linken Kandidaten Gustavo Petro zum Feind erklärt. Deutschland und die internationale Gemeinschaft sollte die Menschen in Kolumbien unterstützen. Die Zusammenarbeit mit Armee und Polizei, wie in dem dubiosen Militärabkommen vereinbart, ist kontraproduktiv bei der Bekämpfung der Ursachen des bewaffneten Konflikts.
Bewaffneter Streik in Kolumbien: Nur ein Kopf der Hydra
Kolumbiens Präsident Duque entledigt sich per Auslieferung eines Drogenbosses und erklärt das Problem für gelöst. Doch das ist es mitnichten.
Bogotá am 4. Mai: Der festgenommene Drogenboss Dairo Antonio Usuga wird von der Polizei eskortiert Foto: Präsidialamt Kolumbien via ap
Der „bewaffnete Streik“ des kriminellen Golf-Clans in Kolumbien zeigt: Die Sicherheitspolitik der Regierung von Präsident Iván Duque ist gescheitert. Duque verfolgt offiziell dieselbe Strategie wie im erfolglosen Krieg gegen Drogen. Anstatt mit einer Umsetzung des Friedensabkommens die Ursachen des mehr als 50 Jahre währenden bewaffneten Konflikts zu bekämpfen, setzt er darauf, prominente Köpfe auszuschalten.
Bei der Festnahme des Drogenbosses Dairo Antonio Úsuga David alias Otoniel verkündete er das Ende des Golf-Clans. Tatsächlich ist der stärker denn je. Nach Lust und Laune nimmt er 3,5 Millionen Menschen in Geiselhaft, wie vier Tage bewaffneter Streik zeigten, dessen Ausmaß Duque öffentlich abstreitet.
Die bewaffneten Gruppen sind nicht mehr so hierarchisch wie früher. Ein Boss hinter Gittern behindert sie kaum. Sie erklären dem Staat nicht mehr offen den Krieg, sondern höhlen ihn von innen aus mit Korruption und schmutzigen Deals. Das betrifft Polizei, Armee, Politik, Landbesitzer, Unternehmer:innen. Duque hat diese Strukturen nicht angetastet. Zu viele Ungereimtheiten gibt es im Fall Otoniel, der offenbar tatsächlich auspacken will.
Seine Aussagen gegenüber der Wahrheitskommission hat die Polizei im Gefängnis massiv behindert. Mitschnitte wurden gestohlen. Dann unterschrieb Duque ein Dekret, um Otoniel an die USA auszuliefern. Die Opfer sind so um die Chance gebracht, die Wahrheit zu erfahren. In der Vergangenheit bekamen Verbrecher für die Drogendelikte – nur einen Teil ihrer Straftaten – in den USA relativ milde Urteile. Die Mächtigen in Kolumbien blieben in Amt und Würden.
Am 29. Mai findet der erste Durchgang der Präsidentschaftswahlen statt. Viele Menschen werden aus Angst nicht wählen gehen. Der Golf-Clan hat das Bündnis des linken Kandidaten Gustavo Petro zum Feind erklärt. Deutschland und die internationale Gemeinschaft sollte die Menschen in Kolumbien unterstützen. Die Zusammenarbeit mit Armee und Polizei, wie in dem dubiosen Militärabkommen vereinbart, ist kontraproduktiv bei der Bekämpfung der Ursachen des bewaffneten Konflikts.
Fehler auf taz.de entdeckt?
Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!
Inhaltliches Feedback?
Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.
Kommentar von
Katharina Wojczenko
Freie Korrespondentin
stammt aus dem Bayerischen Wald und berichtet seit 2017 überwiegend aus Kolumbien. Sie ist Mitglied des Reporterinnen-Teams von #tazFolgtDemWasser und Mitgründerin des Magazins „Südamerika+Reporterinnen“ auf der genossenschaftlichen Journalismus-Plattform-„RiffReporter“.
Themen
taz beim evangelischen Kirchentag 2023
Zeit für Klartext statt Phrasen
Die taz zum Lesen und Mitdiskutieren live auf dem Kirchentag 2023 in Nürnberg. Seien Sie dabei!
Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.