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Bewährung für Ex-Neonazi-Führer

■ Stuttgarter Landgericht verurteilte Jürgen Mosler wegen Fortführung einer verbotenen Organisation zu zwei Jahren / Vor Gericht zeigte er sich reuig, und er will Kronzeuge bei weiteren Verfahren werden

Nürnberg (taz) – Der frühere Neonazi-Funktionär Jürgen Mosler ist vom Stuttgarter Landgericht wegen Fortführung einer verbotenen Organisation zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf vier Jahre Bewährung verurteilt worden. Der 39jährige Duisburger hatte vor Gericht eingeräumt, die 1983 verbotene „Aktionsfront Nationaler Sozialisten/Nationale Aktivisten“ (ANS/NA) als Rädelsführer fortgesetzt zu haben. Damit habe er, so die Kammer, den Nährboden für die rechtsextremen Ausschreitungen der letzten Jahre gelegt. Neben seinem Geständnis bewertete es das Gericht strafmildernd, daß Mosler „bereitwillig und ohne Beschönigung“ über die deutsche Neonazi-Szene auspackte und sich von seiner damaligen Handlungsweise und seinem früheren Verteidiger, dem Hamburger Nazi-Anwalt Jürgen Rieger, distanzierte. Der hatte das Erstverfahren gegen insgesamt elf Angeklagte so lange verschleppt, bis es nach drei Jahren im Mai letzten Jahres wegen Erkrankung einer Schöffin platzte.

Unter Vorsitz von Richter Dietmar Mayer benötigte die Staatsschutzkammer diesmal nur drei Verhandlungstage. Mosler räumte ein, daß er und seine „Kameraden“ mit der 1984 erfolgten Gründung des „Komitees zur Vorbereitung der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag von Adolf Hitler“ (KAH) das Verbot der ANS/NA unterlaufen wollten. Die ANS/NA war Anfang 1983 von dem 1991 verstorbenen Neonazi-Chef Michael Kühnen gegründet worden, um für die „Aufhebung des NS-Verbots und die Ausländerrückführung“ zu kämpfen. Diese Organisation wurde Ende 1983 verboten.

Die ANS/NA-Aktivisten, allen voran Jürgen Mosler, setzten ihre Aktivitäten nahtlos im KAH fort. Daneben betrieben die ANS/NA- Führer die Unterwanderung der „Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei“ (FAP). Mosler gestand, daß dies mit Wissen des damaligen FAP-Vorsitzenden Martin Pape geschah. Die Übernahme der FAP als „legale Plattform“ der verbotenen Rechtsextremisten sei 1988 abgeschlossen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt gingen Mosler und der homosexuelle Michael Kühnen bereits getrennte Wege. Mosler, der neue FAP-Chef Friedhelm Busse und eine ganze Reihe von Führungskadern betrachteten Homosexualität als mit dem Nationalsozialismus nicht vereinbar.

Seit Februar 1991 standen neben Mosler und anderen der Vizechef der „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ Christian Malcoci, der Chef der 1992 verbotenen „Nationalen Offensive“, Michael Swierczek, der Chef der 1993 verbotenen „Heimattreuen Vereinigung Deutschlands“, Andreas Rossiar, und der Münchner Yuppie-Neonazi Bela Ewald Althans wegen Fortführung der ANS/NA in Stuttgart vor Gericht. Das Verfahren platzte nach den Plädoyers der Staatsanwaltschaft.

Bei der Neuauflage trennte das Landgericht das Verfahren gegen Mosler ab. Der hatte sich aufgrund familiärer Schwierigkeiten in den letzten Jahren nicht mehr rechtsextrem betätigt. Mosler nahm das Urteil an und haftet nun gesamtschuldnerisch für die Kosten des ersten Verfahrens in Höhe von über einer Million Mark. Sein Verteidiger rechnet damit, daß er in den noch anhängigen Verfahren als Kronzeuge auftreten wird. Bernd Siegler

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