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Bevölkerungspolitik

■ betr.: "Die Mission gegen die Armen", taz vom 2.12.91

betr.: „Die Mission gegen die Armen“, taz vom 2.12.91

Mal abgesehen davon, daß die Mittel dieser Organisation ziemlich zweifelhaft und insgesamt auch eher verurteilenswert als bejubelbar sind, ist doch der Grundtenor richtig — die Bevölkerungsexplosion und die Überbevölkerung schaffen Probleme, die die Menschheit derzeit weder in der Lage noch willens ist, zu lösen. Die Autorin verurteilt aber die Analyse aufgrund des Timbres der Maßnahmen, die ergriffen werden; und zu Recht, denn es darf nicht sein, Menschenmaterial als Überzahlfleisch zu betrachten und gleichsam den Butterberg abbauen zu wollen. Richtiger und vor allem zukunftsträchtiger wäre es gegenüber einer pauschalen Ablehnung aber, aus der Analyse, die Überbevölkerung verschulde mehr als die Unterernährung von Millionen von Menschen, konstruktive und menschenfreundliche Schlüsse zu ziehen. [...]

Die Alternative zu einer um etliches größeren Bevölkerung der Entwicklungsländer gegenüber Europa, die aber eine ähnliche Industrialisierung fordert und durchsetzt und damit zwangsläufig, aber nicht alleinschuldig der Erde ein Ende bereitet, wäre eine weitere Verweigerung dieses Wohlstandes für den weitaus größten Teil der Weltbevölkerung — und es gibt keineN LinkeN, der/die unter der Prämisse, keine Bevölkerungspolitik zu betreiben, im Zugzwang dieses Unmenschlichkeitsspagats noch Lösungsmöglichkeiten anzubieten hat. Sebastian Lovens, Duisburg

Eine ganze lange Druckseite, auf der aufgeführt wird, wer alles meint, das Bevölkerungswachstum in der sogenannten Dritten Welt sei das Kernübel schlechthin. Und kein einziger Satz dazu, warum diese Meinung falsch ist.

Ich bin stolz darauf, ein taz-Leser zu sein. Wir wissen eben Bescheid. Darum hättet Ihr Euch den Artikel auch vollständig sparen können. Theo Krönert, Bundesarbeitskreis Frieden mit der Erde,

Kaisersbach

Die Erdbevölkerung wird nach Schätzungen der FAO (United Nations Food and Agricultural Organisation) bis zum Jahr 2025 um drei Milliarden auf ca. 8,5 Milliarden wachsen. Zirka sieben Milliarden werden in den sogenannten weniger entwickelten Regionen leben, die schon heute zunehmend durch (auch menschengemachte) Hungerkatastrophen heimgesucht werden. Bevölkerungswachstum also kein Problem? Die Welt hat ja unendliche, unbegrenzte Ressourcen! Wirklich? Ich dachte, darüber seien wir hinaus.

Um bei obigem Beispiel zu bleiben: die Endlichkeit der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen ist hinlänglich bekannt. In den meisten Ländern Afrikas zum Beispiel, wo über die letzten Jahrzehnte ein Bevölkerungswachstum von mehr als drei Prozent jährlich zu verzeichnen war, konnte die Nahrungsmittelproduktion nicht mit dem Bevölkerungswachstum schritthalten. Über die Nutzung zusätzlicher Flächen lassen sich die zukünftigen Nahrungslücken vermutlich nicht mehr schließen. Also Nahrungsmittelhilfe durch Überschußstaaten, mit der bekannten Folge, daß damit die Lebensgrundlage von 70 bis 80 Prozent aller Menschen dort, derjenigen nämlich, die noch auf dem Land und von der Landwirtschaft leben, zugrundegerichtet wird. Oder aber Intensivierung der Landwirtscahft wie wir sie zu Genüge kennen: mit den entsprechenden ökologischen Folgen durch vermehrten Einsatz von Pestiziden, hohem Energiebedarf und Chemie. Das wäre sicher so recht nach dem Geschmack der Autorin.

Daß bei einem Bevölkerungswachstum von drei Prozent jährlich nicht mehr viel Raum für Wohlstandssteigerungen bleibt, ist augenscheinlich. Selbst in den „reichen“ OECD-Staaten wäre damit ein Nullwachstum des Pro-Kopf-Einkommens vorprogrammiert. Im Afrika südlich der Sahara aber, das im vergangenen Jahrzehnt ein durchschnittliches Wachstum des Bruttosozialprodukts von 2,1 Prozent p.a. aufweist, führt ein unvermindertes Bevölkerungswachstum unabweichlich zur Verelendung der Mehrheit der Bevölkerung. Wegen der exponentiellen Wachstumsdynamik ist das auch bei der Autorin so beliebte Argument der Problemlösung durch Umverteilung von Nord nach Süd, langfristig gesehen reine Augenwischerei. Angenommen, wir könnten alle Bürger der OECD-Staaten überzeugen, jährlich zehn Prozent ihres jeweiligen Volkseinkommens an den Rest der Menschheit zu verteilen, so ergäbe dies zirka 320 US-Dollar pro Kopf der Restbevölkerung (Basis: Zahlen des Weltentwicklungsbericht 1991 für das Jahr 1989). Wahrhaft paradiesische Verhältnisse würden dann herrschen, gell? Es mag ja sein, daß das Bevölkerungswachstum nicht das größte Zukunftsproblem der Menschheit darstellt, darüber läßt sich streiten. Aber so zu tun, als handele es sich hier um gar kein Problem, ist schon beinahe kriminell und gar nicht mehr romantisch, wie der Artikel suggeriert. [...] Rolf Seifried,

Frankfurt am Main

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