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Betrug mit BrustimplantatenAlles für eine Million

Der französische Implantathersteller PIP wollte mit Industriesilikon Geld sparen - zum Nachteil von hunderttausenden Betroffenen. Die Chefs sind untergetaucht.

Seit Anfang 2010 ist der Implantatschwindel bekannt. Bild: dpa

PARIS taz | Der Skandal um die mangelhaften Brustimplantate der französischen Firma PIP geht weiter. Medienberichten zufolge ist zu befürchten, dass insgesamt 300.000 dieser potenziell gefährlichen Silikonprothesen exportiert wurden. Offenbar ging der größte Teil nach Großbritannien und Spanien.

Genaueres ist derzeit nicht zu erfahren, denn das Unternehmen Poly Implant Prothese (PIP) ist trotz eines Übernahmeangebots durch eine US-amerikanische Gesellschaft bereits im Juli 2010 aufgelöst worden. Die ehemaligen Firmenleiter wurden im Frühling 2010 wegen des Verdachts auf Betrug bei der Warenqualität von der Polizei kurze Zeit festgenommen, seither aber sind sie untergetaucht.

Sie scheinen dazu allen Grund zu haben. Wie die Zeitung Libération berichtete, sollen sie aus Wettbewerbsgründen versucht haben, eine Million Euro einzusparen, indem sie bei der Herstellung der Brustimplantate statt des offiziell deklarierten und in Rechnung gestellten Silikongels ein billiges Ersatzmaterial für Industriezwecke verwendeten.

Dieser Schwindel soll mehrere Jahre gedauert haben, bis er im März 2010 bei einer Inspektion durch drei Experten der französischen Arzneimittelkontrolle Afsapps aufflog.

Hohe Folgekosten

Beunruhigt wegen der gesundheitlichen Risiken und vor allem empört über den Betrug sind nicht nur die Frauen, die Implantate erhalten haben und erst jetzt von dem Betrug und der Gefahr erfuhren. Auch die 116 Beschäftigten von PIP im südfranzösischen Seyne-sur-Mer fühlen sich als Opfer des Schwindels. Sie wurden im Zuge der Firmenliquidierung entlassen.

Als ihre Fabrik wegen Konkurs geschlossen wurde, drohten sie in ihrem Zorn damit, alles in Brand zu stecken. Schließlich musste der französische Staat für Abfindungen in Höhe von insgesamt 450.000 Euro aufkommen.

Um ein Vielfaches höher dürften die Folgekosten für die betroffenen Frauen sowie für die Krankenversicherungen werden. In Frankreich übernimmt die öffentliche Krankenkasse bei Schönheitsoperationen nur die "Explantation", nicht aber den Ersatz durch andere Silikonkissen.

In Deutschland warnte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte vor den PIP-Einlagen. Bislang seien "19 Fälle von Rissen in diesen Implantaten" bekannt, sagte Sprecher Maik Pommer. Die französischen Behörden wollen bis Freitag entscheiden, ob alle Frauen mit PIP-Implantaten in Frankreich aufgerufen werden sollen, sich die Silikoneinlagen wieder entfernen zu lassen.

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1 Kommentar

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  • SP
    Sowas passiert ständig irgendwo

    Sowas passiert häufig und ständig. Die Presse hat ja kein Interesse an anonymen Internet-Melde-Systemen.

     

    Dieses Jahr waren es doch Industrieöl in Tierfutter nur um mal ein deutsches Beispiel zu bringen. Viele Insider würden gerne reden und Menschen vor grausamsten Gesundheitsschäden schützen. Aber sicher nicht, indem sie ihre Geburtsurkunde und PIN-Nummer für die EC-Karte live bei stern-tv oder der Presse o.ä. vorzeigen.

     

    Übliche Methoden sind die Einfärbung von Stoffen wie HeizÖl oder Bitterstoffe in Industrie-Alkohol und Brenn-Spiritus die in bestimmten Kreisläufen nicht auftauchen sollen.

    Da es bei Heizöl als illegalen aber dann steuerfreien Dieselersatz oder Brennspiritus als steuerfreien illegalen Alkohol-Ersatz geht, funktionieren diese Kontrollsysteme "wundersamerweise". Gesundheitskosten im Milliardenbereich interessieren den Finanzminister anscheinend weniger.

    "Millionen" nieren(?)kranke auf ewig arbeitsunfähige Kleinkinder wie bei der Chinesischen "Milch-Panscherei" letztes Jahr und damals die Sache mit dem spanischen Öl oder die Sache mit dem Glykol im Wein oder dieses Jahr diese Bakterien die Menschen ewig arbeitsunfähig machen, interessieren komischerweise auch nicht, um mal SIMPLE WIRKSAME Kontrollen zu schaffen. Die Opposition kontrolliert gerne und kostenlos. Dafür wird sie schliesslich von mir mehr als gut bezahlt. Trittin kriegt also ein Messgerät in die Hand und einen Ordner (IPAD) mit allen EU-Verwaltungs-Vorschriften und muss die Chinesischen Container überprüfen. Wenn er dann auf die Idee kommt, Chinesen 5 Euro zu belohnen die ihm per Internet anonym schäbige Produkte melden, kann er ganze Schiffe mit untauglicher Produkten nach China zurückschicken und kriegt irgendwas als Beute für die Parteikasse. Aber die Opposition ist nicht interessiert und will auch nur auf meine Kosten leben.

    Stattdessen sieht man bei Galileo und Pro7 und RTL2 jedes Jahr wie chinesische Kabelrollen abfackeln oder 3fachsteckdosen in Flammen aufgehen. Feuerversicherungen und Armutsrentner bezahlt jeder irgendwo mit.

    Man sollte Asbest-Sanierungen nicht Lohnsteuer-versteuern müssen. Auch Umsatz-Steuer für Asbest-Austausch sollte vom EU-Gericht verboten werden. Der Staat hat ja damals schon für den Asbest kassiert.

     

    Bei Autos und auch bei medizinschen "Hilfsmitteln" gibts ständig Rückruf-Aktionen. Wenn die taz ein anonymes Internet-Melde-System hätte, würden die Betroffenen sich diesbezüglich melden können. Oder auch "Ich habe eine PIP-Prothese auf meiner Rechnung stehen aber wurde bisher nicht informiert".

     

    Wie man sieht, lösen nicht höhere Gehälter für Minister wie Trittin das Problem sondern einzig und allein Ehre und Kontrolle. Ehre kann man nicht kaufen.

    Welche Probleme haben mehr Beamte und der Leistungs-Schutz gelöst ??? Nazis ? Lügerei im Parlament ? Gefälschte Dr.Arbeiten ? Gefälschte Diplom-Arbeiten ? Wahlbetrug ? GEZ-Gebühren-Verschwendung ? AboFallen ? Eisenbahn-Stillstand im Winter ? S-Bahn-Probleme von Berlin ? Korruption und Miswirtschaft ? Schuldenmacherei ? ...

    Na also.