: Betonfeministas
Der Streit in Niedersachsen um die zukünftige grüne Frauenministerin ■ K O M M E N T A R E
Bei den grünen Frauen ist das so: Es gibt die Feministinnen, und es gibt die Postfeministinnen. Die Feministinnen sind überzeugt, sie allein machten die wahre radikale Frauenpolitik. Die Postfeministinnen mit ihrem Gerede über die „Lebensrealitäten“ von Frauen, über die „Mütter“ gar, hätten nichts anderes zum Ziel, als die ganze schöne Programmatik zu verwässern. Die Postfeministinnen aber rufen zurück: Beton, Beton. Das Strömungsdenken und Linienhickhack machte vor den Frauen nicht halt, seit dem Streit um das Müttermanifest und die Mindeststrafe für Vergewaltigung sind die Gräben tief. Die Landesarbeitsgemeinschaft Frauen (LAG) der niedersächsischen Grünen erwarb sich in dieser Auseinandersetzung traurige Berühmtheit, als sie das Müttermanifest mit der Nazi-Mutterkreuzideologie verglich.
Es war voraussehbar wie das Amen in der Kirche, daß die niedersächsischen Betonfeministas Waltraud Schoppe um keinen Preis als Frauenministerin akzeptieren würden. Schoppe habe versucht, das niedersächsiche Frauenprogramm zu „entradikalisieren“, heißt es. Festgemacht wird das unter anderem an der Pornographiedebatte - Schoppe will keine Zivilklage etablieren - oder an der Diskussion über Arbeitszeitverkürzung. Das Credo heißt: „Aufhebung der geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung“ und davon darf kein Jota abgewichen werden. Anstatt mit den Realas in einen produktiven Dialog zu kommen - die ja die Frauen keineswegs auf die Mütterrolle festnageln wollen, aber darauf beharren, daß es unterschiedliche Emanzipationsmodelle geben kann, wird gemauert.
Dabei sperrt sich die LAG keineswegs gegen die Koalition und die Regierungsbeteiligung. Wenn man sich schon darauf einläßt, dann ist Politik allerdings ein bißchen mehr als das Aufzählen programmatischer Lehrsätze. Dann ist auch die Fähigkeit gefordert, zu improvisieren, quer zu denken, ebenso taktisch wie phantasievoll zu agieren, zäh und energisch zu sein. Und da hätten die niedersächsischen Frauen mit Waltraud Schoppe nicht die schlechteste Wahl: Auch wenn sich über ihre inhaltlichen Positionen streiten läßt - sie ist eine Frau mit Ausstrahlung, sie kann präsent sein, sich einmischen, die öffentliche Diskussion prägen. Und nach allen Erfahrungen mit Frauenbeauftragten und Frauenministerinnen hierzulande ist das der springende Punkt für eine erfolgreiche Politik. In Berlin haben die Frauen immer noch das Gefühl am Rande der politischen Bühne zu stehen. Vor allen inhaltlichen Punkten wird den Frauen des Senats ihre „Sprachlosigkeit“ vorgeworfen.
Wie wäre es zur Abwechslung mal mit einer Frauenministerin, die sich einmischt bei der Deutschlandpolitik, beim Ausländerrecht, Rechtsradikalismus? Aber die niedersächsichen Fundifrauen, so ist zu fürchten, werden alles tun, damit Schoppe keine Ministerin wird. Sie ist halt nicht auf Linie.
Helga Lukoschat
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