Kommentar von Konrad Litschko zum Betätigungsverbot für Hamas und Samidoun
: Spätes, aber richtiges Zeichen

Die Hamas und die mit ihr sympathisierende Gruppe Samidoun sind nun also in Deutschland verboten. Und es gibt gleich mehrere Gründe, hier zu fragen: Wie kann das sein, dass das erst jetzt erfolgt? Schon 2001 wurde die Hamas von der Europäischen Union als terroristisch eingestuft. Seitdem haben die Islamisten keinen Zweifel daran gelassen, dass sie Israel vernichten wollen. Sie propagierten Terror, feuerten Raketen auf das Land, feierten „Märtyrer“. Alles kein Grund, schon vor Jahren ein Betätigungsverbot auszusprechen?

Auch Samidoun gründete sich schon 2011. In Deutschland tritt die Gruppe selbstbewusst auf, vor allem in der Hauptstadt. Auf der Straße fordert sie ein Palästina „from the river to the sea“ – und damit die Beseitigung Israels. Sie sucht Auseinandersetzungen mit der Polizei, Terror als Mittel des „Widerstands“ ist ihr recht.

Das Vorgehen gegen die Gruppen wurde bereits drei Wochen im Vorfeld angekündigt. Normalerweise gilt bei solchen Verboten die eherne Regel: Nicht vorher darüber sprechen. So hatten die Aktivisten Zeit, um womöglich Dinge zu beseitigen. Am Ende bleibt deshalb vor allem ein Zeichen: Wir dulden hierzulande keinen Israelhass. Zumindest jetzt nicht mehr.

Um es klar zu sagen: Es ist ein spätes, aber richtiges Zeichen. Natürlich darf der Rechtsstaat nicht leichtfertig mit Verboten umgehen. Wenn aber die Hamas hierzulande Spenden für den Terror sammelt, wenn Samidoun das schlimmste Massaker an Juden seit der Shoa mit Jubelparolen und Baklava feiert und danach antiisraelische Proteste anheizt, während die Bundesregierung beteuert, dass Antisemitismus keinen Platz in diesem Land habe, dann gibt es kein Vertun mehr. Dann sind diese Verbote überfällig.

Es ist deshalb ein irritierender Befund, dass die Sicherheitsbehörden die Gruppen nicht schon länger intensiv im Blick hatten. Angesichts NSU, Hanau oder Halle ist es richtig, den Rechtsextremismus als größte Bedrohung zu sehen. Und gerade Halle zeigt, wie hausgemacht der rechtsex­treme Antisemitismus ist. Aber wenn dieser auch auf anderen politischen Feldern kultiviert wird, darf er einfach nicht aus dem Blick geraten.

Es bleibt dabei: Es darf für Judenhassende kein Sicherheitsgefühl geben, erst recht nicht in diesem Land. Und Phrasen allein werden dieses Gefühl nicht nehmen. Deshalb braucht es diese Verbote. Aber auch mehr – nämlich zivilgesellschaftliche Arbeit. Mit Aufklärungsprojekten, mit Widerspruch gegen Antisemitismus von jeder und jedem Einzelnen. Wie viel es hier zu tun gibt, offenbaren diese Tage auf erschreckendste Weise.

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