Besuch von Aung San Suu Kyi in Peking: China hofiert Demokratie-Ikone
Lange war Birmas Oppositionspolitikerin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi in China ein Tabu. Das hat sich nun geändert.
So sitzt der chinesische Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, seit vier Jahren in Haft, weil er ein Manifest für Demokratie unterzeichnet hatte. Von politischer Öffnung ist in Peking derzeit auch nichts zu spüren. Und doch wird Chinas Staatschef Xi Jinping in diesen Tagen die prominente Freiheitsikone aus dem Nachbarland Birma (Myanmar) empfangen.
Aung San Suu Kyi ist am Mittwoch mit Vertretern ihrer Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD) zu einem fünftägigen Besuch in China eingetroffen. Dass sie den Friedensnobelpreis erhielt, erwähnen Chinas Staatsmedien nicht. Sie wird nur als „Parlamentarierin einer wichtigen politischen Partei“ bezeichnet.
Die Volkszeitung, das KP-Verlautbarungsorgan, preist sie immerhin als „außergewöhnliche Politikerin“. Diese Töne sind neu. Viele Jahre war China einer der wichtigsten Stützen von Birmas Militärjunta, die Suu Kyi jahrelang unter Hausarrest stellte und ihre Partei unterdrückte. Die westlichen Staaten belegten Birma in dieser Zeit mit Sanktionen. In China durfte Aung San Suu Kyi nicht thematisiert werden.
Missstimmung in den Beziehungen zu Birmas Militärs
Doch seit Beginn von Birmas politischer Öffnung vor vier Jahren hat sich die dortige Regierung unter Präsident Thein Sein zunehmend den USA und Indien angenähert. Chinesische Geschäftsleute hingegen stoßen heute in Birma auf wenig Sympathie. Sie gelten als skrupellos. Immer wieder kommt es zu antichinesischen Protesten.
Diesen Unmut bekommt inzwischen auch die chinesische Minderheit zu spüren. Zehntausende sind bereits wegen Unruhen in der Grenzregion nach China geflüchtet. Nachdem im März Birmas Luftwaffe versehentlich eine Bombe auf der chinesischen Seite abwarf und fünf Chinesen tötete, haben sich die Beziehungen beider Staaten weiter verschlechtert.
Peking antwortete kürzlich mit einem Manöver im Grenzgebiet und hofiert jetzt Birmas Oppositionsführerin. Im November sollen erstmals freie Wahlen stattfinden. Suu Kyis Partei werden hohe Chancen eingeräumt, auch wenn sie selbst nicht für das Präsidentenamt kandidieren darf.
Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua schreibt, der fünftägige Besuch spiegele „den gemeinsamen Wunsch beider Länder wider, die Beziehungen zu verbessern.“ Yan Xuetong, Außenpolitik-Experte an Pekings Tsinghua Universität, unterstellt Chinas Machthabern eine andere Intention: „Sie wollen der jetzigen Führung in Myanmar eine Lektion erteilen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Demokratieförderung nach Ende der Ampel
Die Lage ist dramatisch