Besuch beim Osteopathen: Atmen für den Weltfrieden

Einatmen und Ausatmen, das klappt doch automatisch. Unsere Autorin lernt, dass man dabei trotzdem Fehler machen kann – und soll als Hausaufgabe Kontaktatmen.

Ein Islandpferd atmet in der Kälte

"Sie atmen falsch!" – und jetzt? Tief einatmen, tief ausatmen, darauf warten, dass es besser wird Foto: Michael Probst

Von MAREIKE BARMEYER

taz lab, 11.02.2023 | „Sie atmen falsch“, sagt der Osteopath, als ich auf seinem Behandlungstisch liege. Atmen, das geht doch von ganz alleine, denke ich und merke, wie ich die Luft anhalte.

Ich bin bei ihm wegen meiner rechten Schulter. „Sie atmen gar nicht aus“, sagt der Osteopath. Ich versuche auszuatmen und muss husten. Ich trage zum ersten Mal seit zwei Jahren keine Maske bei einem Arztbesuch und versuche am Osteopathen vorbei zu husten.

Mareike Barmeyer

Mareike Barmeyer, Jahrgang 1973, ist taz lab Redakteurin, promovierte Soziologin und Mitglied der Berliner Lesebühne Rakete 2000. Foto: Anke Phoebe Peters

„Mama ich kriege keine Luft mehr“, hat mein Kind neulich hustend zu mir gesagt. Das Kind war ganz aufgeregt, hatte Panik im Blick und ich habe ihm gezeigt wie man sich durch tiefes Ein- und Ausatmen wieder beruhigen kann. „In eine Papiertüte atmen hilft auch“, sage ich dem Kind. Das weiß ich aus amerikanischen Serien.

Bei einer Panikattacke atmet man in eine Papiertüte tief ein und aus. Dann geht die Panikattacke weg. Ich habe das auch schon mal ausprobiert, aber es war eine alte Brötchentüte. Tieeeef einatmen – und bin dabei fast an den Bröseln erstickt.

FFP2-Masken müssten einen ähnlichen Effekt haben. Mit der Maske über Mund und Nase atmet man ja auch die ganze Zeit seine verbrauchte Luft ein und darum geht es bei der Panikattacke und der Papiertüte, glaube ich.

Wenn das aber stimmen würde, hätte doch die ganze Welt eigentlich während der Pandemie entspannen können. Ein weltweites, kollektives, tiefes in die Papiertüte Atmen für den Weltfrieden. Hat eher nicht geklappt.

Kontaktatmen mit Wärmflasche
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Mein Kind hat sich beruhigt, als ich ihm noch mal ganz klar gemacht habe, dass wir die ganze Zeit über automatisch atmen, weil wir sonst nicht leben könnten. „Sie atmen falsch“, sagt der Osteopath. „Das erklärt alles, was an Ihnen nicht stimmt.“

Ich habe eine Hausaufgabe bekommen: Eine Wärmflasche soll ich mir auf den Bauch legen und tief ein – und vor allem ausatmen. Kontaktatmen heißt das – und soll mir beibringen, wie ich richtig atme. Ich atme tief ein, atme noch tiefer aus und warte darauf, dass alles besser wird.

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