piwik no script img

Besteuerung in der Eishockeyliga NHLGerechtigkeit auf Eis

In der Eishockeyliga NHL profitieren manche Standorte von der ungleichen Besteuerung. Die Gehaltsobergrenze trifft nicht alle gleich.

Bescheiden: Der schussstarke Verteidiger Erik Karlsson spielt trotz hoher Steuersätze für San José Foto: ap

Erik Karlsson war das einzige wirklich begehrte Objekt auf dem Tauschbasar im eishockeyfreien Sommer. Der Schwede hat zwei Mal die Norris Trophy als bester Verteidiger der National Hockey League (NHL) gewonnen. Er ist ein Superstar. Und war gefangen in einem miesen Team: den Ottawa Senators. Er wollte weg. Das war klar. Er wollte halt auch mal was gewinnen. Verständlich.

Und Ottawa war bereit, den Spieler, der nur noch ein Jahr Vertragslaufzeit hatte, abzugeben. Auch verständlich. Ist es doch die immer gleiche Rechnung, die Kellerklubs aufmachen: Tausche Spitzenspieler gegen Hoffnung auf bessere Zukunft.

Und so wurde schon auf diversen Website skizziert, wie die Tampa Bay Lightning Platz schaffen könnten für Karlsson. Nicht unbedingt Platz in der Kabine, sondern: Platz auf der Gehaltsliste.

Ausgerechnet die Tampa Bay Lightning. Das Team, das in den letzten vier Jahren drei Mal das Eastern-Conference-Finale erreicht hat und einmal sogar bis ins Endspiel um den Stanley Cup vorgedrungen ist. Das Team, das eh schon zu den großen Favoriten in der gerade begonnenen Saison gehört, das in Viktor Hedman doch schon den aktuellen Norris-Trophy-Sieger in seinen Reihen hat, und dazu in Nikita Kucherov auch noch einen der Top-Scorer, und Steven Stamkos sowieso undundund.

Die Formel ging auf

Der NHL drohte eine Entwicklung wie der Basketballliga NBA, orakelten manche Beobachter, wo die Golden State Warriors und die Cleveland Cavaliers die vergangenen Jahre so sehr dominiert haben, dass irgendwann sogar der Basketballlegende Charles Barkley in einer NBA-Liveübertragung der Kragen platzte: Er wollte jetzt lieber ins Hotel gehen und Eishockey gucken. „Das Ding hier ist doch durch.“

Die NHL war und ist stolz auf ihre Ausgeglichenheit, auf ihre engen Playoff-Serien. Harte Gehaltsobergrenze (anders als in der Basketballliga NBA) plus Trades plus Drafts ist gleich Spannung. Die Formel ging auf.

Die Gehaltsobergrenze ist etwa in Dallas viel mehr wert als in den kanadischen Städten

Doch im Zuge der Spekulationen um einen Wechsel von Karlsson nach Tampa richteten einige Fans und Medien ihren Blick einer Ungerechtigkeit zu, die bisher nicht behoben wurde: der Steuerungerechtigkeit.

Die harte Gehaltsobergrenze, der Salary Cap, ist halt nicht für alle gleich hart. Die 79,5 Millionen Dollar, die jedes Team in dieser Saison für Gehälter ausgeben darf, sind in Nashville oder in Dallas oder in Tampa viel mehr wert als in den kanadischen Städten Ottawa, Toronto oder Montreal.

Steuerungleichheiten schwer auszugleichen

Es gibt diverse Seiten, auf denen ausgerechnet werden kann, wie viel das Gehalt eines Spielers netto an welchem NHL-Standort wert ist. Nehmen wir mal Lightning-Superstar Steven Stamkos. Der Spitzenverdiener kriegt 9,5 Millionen Dollar pro Jahr. In Tampa zahlt er darauf laut CapFriendly.com 36,64 Prozent Federal Taxes, keine State Taxes und keine City Taxes. Bleiben: gut sechs Millionen. In Toronto oder Ottawa würden ihm nur (denken Sie sich die Anführungszeichen) 4,45 Millionen netto zustehen. Steuerrate dort: 53,14 Prozent.

Die beiden Steuerlobbyvereine Canadian Taxpayers Federation und Americans for Tax Reform haben schon 2014 eine Analyse mit dem bezeichnenden Titel „Home Ice Disadvantage“ herausgeben. Ein Ergebnis: 57 Prozent der sogenannten Unrestricted Free Agents, also Spieler, die sich ihren Klub frei auswählen können, wechselten damals in Städte mit niedrigeren Steuersätzen.

Getan hat sich aber damals wie heute: nichts. Steuerungerechtigkeiten sind halt schwer auszugleichen. Es gibt Ausnahmen und Sonderregelungen, und manchmal müssen auch Sportler Steuern woanders abführen, weil sie auf Auswärtstour länger als ein, zwei Tage in einem anderen Bundesstaat gearbeitet haben.

Hilfe für die Ziele

Nashville, Dallas, Vegas und die beiden Florida-Klubs Florida Panthers und Tampa Bay Lightning können also weiter Eishockey-Profis mit geringeren Bruttogehältern locken. Das kann durchaus für das Erreichen großer Ziele helfen.

Muss es aber nicht. Seit Einführung des Salary Caps zur Saison 2005/2006 hat keines der Teams einen Stanley Cup gewonnen.

Und Erik Karlsson ging am Ende auch nicht in eine der Städte mit besonders niedrigen Steuersätzen. Er spielt jetzt in San José, wo die Steuern eher hoch sind.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!