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Bessere Zahlen für OktoberIndustrie fährt Produktion hoch

Die Industrieproduktion ist im Oktober gestiegen, ebenso die Auftragseingänge. Die Industrie verharre aber auf niedrigem Niveau, warnen Ökonomen.

Die Auftragslage für Maschinenbau in Deutschland erholt sich leicht Foto: Bernd Weißbrod/dpa

rtr | Die angeschlagene deutsche Industrie sendet ein weiteres Lebenszeichen: Nach den Aufträgen ist im Oktober auch die Produktion den zweiten Monat in Folge gestiegen. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 1,8 Prozent mehr her als im Vormonat, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Das ist der höchste Zuwachs seit März. Im September hatte es einen Anstieg von 1,1 Prozent gegeben. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Wachstum von 0,4 Prozent gerechnet.

Der positive Einstieg ins letzte Vierteljahr könnte dazu beitragen, dass Europas größte Volkswirtschaft am Jahresende nach zwei Quartalen ohne Wachstum in Folge erstmals wieder zulegt. „Der Produktionszuwachs gibt eine erste Indikation, dass die Industrie im vierten Quartal nicht mehr als Bremsklotz wirkt“, sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Er rechnet für Oktober bis Dezember mit einem Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent zum Vorquartal. Die Produktion dürfte dazu einen kleinen positiven Impuls liefern, sei aber noch kein konjunkturelles Zugpferd.

Einen industriellen Boom erwarten Experten auch in den kommenden Monaten nicht – etwa wegen der wachsenden Konkurrenz aus China und hoher US-Zölle. „Das Produktionsniveau ist weiterhin sehr niedrig und die Gesamtlage schwierig“, sagte der Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, Alexander Krüger. Zunehmende Klagen von Unternehmen über Materialmangel trübten zudem den Ausblick.

„Die Standortbedingungen der Industrie in Deutschland bleiben schwierig“, fügte der Konjunkturexperte der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Jupp Zenzen, hinzu. „Die Kostensituation ist im internationalen Vergleich hoch.“ Das dämpfe die Hoffnungen auf einen baldigen Aufschwung.

Aufrüstung begünstigt Produktionsanstieg

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erwartet für das zu Ende gehende Jahr einen Produktionsrückgang von zwei Prozent. „Somit geht die Industrieproduktion das vierte Jahr in Folge zurück“, sagte BDI-Präsident Peter Leibinger im aktuellen Industriebericht seines Verbandes. „Das ist keine konjunkturelle Delle, sondern ein struktureller Abstieg.“ Deutschland brauche daher eine wirtschaftspolitische Wende mit klaren Prioritäten für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum.

Die Industrie allein stellte im Oktober 1,5 Prozent mehr her als im Vormonat. Sie hatte zuvor zwei Monate in Folge mehr Neuaufträge an Land gezogen, begünstigt zuletzt auch durch Großaufträge für die Aufrüstung. Während der Maschinenbau (+2,8 Prozent) und die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (+3,9 Prozent) deutlich mehr produzierten, gab es in der Autoindustrie einen Rückgang von 1,3 Prozent.

„In der Grundtendenz zeigt sich eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau“, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. „Von einer Erholung der gebeutelten Industrieproduktion ist aber weit und breit nichts zu sehen, zumal die massiv gestiegenen US-Zölle den Export schwächen.“

Staatlicher Straßenbau treibt Bauindustrie

Seit August gilt für die überwiegende Mehrheit der EU-Exporte in die USA ein Zollsatz von 15 Prozent – ein Mehrfaches des früheren Wertes. Die deutschen Ausfuhren in die Vereinigten Staaten – dem wichtigsten Abnehmer von Waren „Made in Germany“ – sind deshalb in diesem Jahr gesunken.

Die Energieerzeugung nahm im Oktober um 1,4 Prozent zu. Die Baubranche fuhr ihre Produktion um 3,3 Prozent nach oben. Die Bauaufträge sind zuletzt drei Monate in Folge gestiegen. „Das Neugeschäft im Tiefbau, wozu der staatlich dominierte und oftmals auch von Großaufträgen geprägte Straßenbau zählt, nahm im September um 13,2 Prozent zu.

„Die Infrastrukturinvestitionen machen sich allmählich in den Statistiken bemerkbar“, sagte der Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia, mit Blick auf die Milliardenausgaben des Bundes.

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