PISA-LÄNDERVERGLEICH: KEIN GRUND ZUM JUBELN FÜR DIE UNION: Besser ist nicht gut
Als wenn es für die Sozialdemokraten nicht schon schlimm genug wäre: Bayern vorne, Bremen hinten, tickern die Nachrichtenagenturen, melden Zeitungen und Fernsehsender. Die unionsregierten Länder sind klare Sieger beim Schülerleistungsvergleich Pisa, die SPD hat verloren – das ist die oberflächliche Botschaft der Medien.
In Wahrheit jedoch sieht das Leistungsranking für die Sozis gar nicht so schlecht aus. In einzelnen Kategorien haben es Länder wie Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz sogar in die Spitzengruppe geschafft. Das eigentliche Drama spielt sich auf einer anderen Bühne ab. Die Sozialdemokraten haben auf ihrem ureigensten Feld versagt: bei der Schaffung von Chancengleichheit, der Förderung der Schwachen. Wirklich verwundern kann das nicht: Ihre Reformideen hat die SPD nie konsequent durchgesetzt, von der Vorstellung einer Schule für alle hat sie sich schon lange verabschiedet. Neue Ansätze blieben aus. Übrig sind die Gesamtschulen, vielerorts – wie die Hauptschulen – nichts anderes als Auffangbecken für Bildungsverlierer. Mit einer echten Integrationsschule wie im Pisa-Siegerland Finnland haben diese sozialdemokratischen Versuche nichts zu tun.
Doch auch die CDU sollte sich nicht zu früh freuen, selbst wenn sich Pisa für sie bildungspolitisch im Wahlkampf bestens ausschlachten lässt. Denn brillant sind im internationalen Vergleich auch die Ergebnisse der konservativ geführten Länder nicht. Bayern hat es zwar über den OECD-Durchschnitt geschafft, doch schon beim Vergleich mit Kanada kann Stoiber-Land nicht mithalten: Sieben der acht kanadischen Provinzen schneiden besser ab als das Bundesland des Kanzlerkandidaten.
Deutsche Bildungspolitiker müssen jetzt nicht die hiesige Kleinstaaterei im Blick haben, sondern den internationalen Vergleich. Und der lehrt zweierlei: Wirklich erfolgreich – für leistungsstarke und schwache Schüler gleichermaßen – sind integrative Schulen, in denen alle Kinder möglichst lang gemeinsam lernen. Und: Nicht nur Finnland und Kanada zeigen, dass eine Schulreform, die die vorhandenen bildungspolitischen Probleme löst, durchaus möglich ist. Diese Reform steht nach wie vor aus. SABINE AM ORDE
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