Besselpark in Kreuzberg wiedereröffnet: Ein Park wie Himmel und Erde
Der Besselpark wurde am Mittwoch nach einem Jahr Bauzeit wiedereröffnet. Ein „Schlussstein“ der Entwicklung in der Südlichen Friedrichstadt.
Berlin taz | Friedrich Wilhelm Bessel war nicht nur ein begnadeter Sternengucker, der seine Brötchen an der preußischen Sternwarte verdiente. Der 1784 in Minden geborene und 1846 in Königsberg verstorbene Astronom war auch ein begabter Mathematiker – und als solcher entdeckte er die Triangulation. Das ist laienhaft gesprochen jenes Netz von Vermessungspunkten, das über eine Landschaft geworfen wird, um sie hinterher als Karte zeichnen zu können.
Ein bisschen Triangulation war wohl auch bei der Umgestaltung des nach Bessel benannten Parks neben dem taz-Haus im Spiel, der am Mittwoch nach einem Jahr Bauzeit wiedereröffnet wurde. „Die diagonal geführten ‚Besselbahnen‘“, heißt es beim Büro Rehwaldt Landschaftsarchitekten, nach dessen Entwurf der Park umgestaltet wurde, „greifen hier, am Ort der ehemaligen preußischen Sternwarte, das Thema der vom Geodäten Friedrich Wilhelm Bessel beschriebenen Flugbahnen der Himmelskörper auf.“ Auch andere Elemente im Park, heißt es, seien „vom Motiv der Lichtstrahlen und Messlinien inspiriert und geben dem Entwurf seine gestalterische Begründung“.
Eigentlich aber, und das ist auch gut so, hat sich im Besselpark zwischen Friedrichstraße, Enckestraße, Besselstraße und taz-Haus nicht viel verändert. Aus den über Jahren entstandenen Trampelpfaden sind zwar reguläre Wege geworden. Und dem Zeitgeist wurde mit der Errichtung von sogenannten Lattebalken Rechnung getragen. Das sind schmale Geländer an der Nord- und Südseite des Parks, auf deren durchlaufendem Holm beim Schwätzchen eben mal ein Latte macchiato abgestellt werden kann. Tatsächlich aber dürften sie, zumindest auf der taz-Seite des Parks, bald mit Rädern vollgeparkt sein. Nicht immer geht auf, was sich Landschaftsarchitekten wünschen.
Bohlen aus Beton
Erhalten blieb dagegen die Grundstruktur des Parks, ein von Kastanien und Birken umgebenes Rechteck, das in der Mitte frei bleibt, was dem Park einen platzartigen Charakter verleiht. Die Bäume wurden mit der Anlage des Parks während der Internationalen Bauausstellung 1987 gepflanzt und reichen inzwischen bis zum zweiten Stock des taz-Neubaus.
„Der Besselpark“, sagte der Leiter des Straßen- und Grünflächenamtes Friedrichshain-Kreuzberg und Erfinder der Pop-up-Radwege, Felix Weisbrich, sei der „Schlussstein“ der Entwicklung in der Südlichen Friedrichstadt und das „Ergebnis eines langen Beteiligungsprozesses“. Die neuen Wege seien auch gebaut worden, da die bisherigen Pfade kein zufriedenstellender Zustand gewesen seien.
Geht man dann das erste Mal auf den Besselbahnen, hätte man sich aber gewünscht, dass hier besser ein Pop-up-Park entstanden wäre. Denn die Bohlenwege aus Beton erinnern nicht nur an eine DDR-Autobahn. Sie liegen auch über Parkniveau, als befände sich neben und unter ihnen ein geschütztes Feuchtbiotop. Stattdessen ist es nur englischer Rasen.
Aber warum auf den Boden schauen, wenn man auch in den Himmel gucken kann. In der Sternwarte nämlich wurde der Neptun entdeckt. Im gleichen Jahr übrigens, in dem Bessel verstorben war. Himmel und Erde, das muss halt erst noch zusammenwachsen.
Ein Bindeglied ist übrigens das Fritz 23 in der unmittelbaren Nachbarschaft. Das von Britta Jürgens und Matthew Griffins von Deadline Architekten entworfene Gebäude hat eine tiefblaue, fast schwarze Fassade – eine Hommage an den blauen Planeten Neptun.
Leser*innenkommentare
Inga Marin
Von August 2019 bis September 2020 wurden hier aus Mitteln des Förderprogramms "Zukunft Stadtgrün" rd. 2 Mio € u.a. in Beton verbaut. Ich sehe hier keine atmosphärische Aufwertung. Steril und leblos, der Boden verdichtet, Messebau mit Auslegware. Anstatt die Natur in die Stadt zurückzuholen, wurde hier alles Grün vernichtet. Die zum Verkehr schützenden Hainbuchhecken, sind sämtlich gerodet, sie dienten als Rückzugsraum und Nahrungshabitate für die damals noch vorhanden besonders geschützten Vogelarten. Der weltweit anhaltende Rückgang der biologischen Vielfalt und insbesondere der dramatische Rückgang der Vogelpopulationen ist auf zahlreiche Faktoren zurückzuführen und betrifft verstärkt auch die typischen Siedlungsarten. Einst häufig wie Haussperlinge, Amsel oder Star sind betroffen. Berliner Stadtplanung ist seit Jahren ein Desaster, gern und gerade auch in einem grün-geführten Bezirk. Dabei haben Kommunen eine Vorbildrolle, wenn es um die Belange des Bundesnaturschutzgesetzes, vor allem, wenn es um die Umgestaltung von Uferbereichen, Parkanlagen und generell um Grünflächen geht. Weder das SGA, noch die verantwortlichen Architekten, Behörden, Projektleiter etc., berücksichtigen in ihren Planungen die Lebensstätten gebietsheimischer Arten. So wird det nix mit der so gern zitierten Wichtigkeit der biologischer Vielfalt in Berlin