Bespitzelungsaffäre der Bahn: Es wird langsam eng für Mehdorn
Wegen der Schnüffeleien unter Mitarbeitern gehen Kanzlerin, Minister und Gewerkschaften auf Distanz zum Bahn-Chef. Er müsse sich entschuldigen, um die Affäre heil zu überstehen.
Bahn-Chef Hartmut Mehdorn gerät wegen der Durchleuchtung seiner Mitarbeiter immer stärker unter Druck. So forderte der Vorsitzende der Bahngewerkschaft Transnet eine Entschuldigung von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn. Sollte diese nicht ausreichend formuliert werden, müsse "der Vorstand auch gesamthaft dort in die Verantwortung genommen werden, und letztendlich wird der Aufsichtsrat dann Konsequenzen ziehen müssen", sagte Transnet-Chef Alexander Kirchner am Montag dem Info-Radio des rbb.
Kirchner hatte zuvor mit dem Bahn-Aufsichtsratschef Werner Müller die Situation diskutiert und auf ein Sondertreffen des Kontrollgremiums gedrängt. Ein Termin dafür ist noch offen. Für Mehdorn dürfte dies die letzte Chance sein, noch mit einem blauen Auge aus dem Skandal herauszukommen. Denn auch in der Regierung wächst die Kritik an dem Krisenmanagement des Bahn-Chefs.
So sagte der Sprecher von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) am Montag, dass "wir die Informationen der DB AG über diese Vorgänge im Augenblick für völlig unzureichend halten". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gab Tiefensee, der Mehdorn bereits in den vergangenen Tagen kritisiert hatte, Rückendeckung und ließ über den stellvertretenden Regierungssprecher Thomas Steg erklären: Sie stütze "ausdrücklich den Kurs des Bundesverkehrsministers in dieser Frage" und erwarte "eine lückenlose Aufklärung" der Vorgänge.
Anlass der Kritik sind mehrere datenschutzrechtlich bedenkliche betriebsinterne Schnüffeleien, die die Konzernrevision bei der Detektei Network Deutschland GmbH in Auftrag gegeben hatte. Für insgesamt 800.000 Euro wurden immer wieder sensible Daten und E-Mails von Mitarbeitern und zum Teil auch deren Angehörigen durchleuchtet, in einzelnen Projekten wurde auch der Lebensstil der Betroffenen untersucht. Ein interner Vermerk der Berliner Datenschutzbeauftragten, der der taz vorliegt, listet insgesamt neun unterschiedliche Projekte mit Decknamen wie "Traviata", "Uhu" oder "Thymian" auf. Die Bahn hatte dem Datenschutzbeauftragten zunächst mitgeteilt, dass rund 1.500 Mitarbeiter betroffen gewesen seien. Im Verkehrsausschuss des Bundestages erklärte dann der zuständige Anwalt der Bahn, Wolfgang Schaupensteiner, dass über 170.000 Mitarbeiter überprüft worden seien.
Die Bahn hatte am Wochenende den Datenschutzbeauftragen Alexander Dix, der den Vermerk an die Bundestagsabgeordneten weitergereicht hatte, Geheimnisverrat und Befangenheit vorgeworfen und seinen Ausschluss aus dem Verfahren gefordert. Dix seinerseits erklärte am Montagnachmittag, dass der Vorwurf des Geheimnisverrats "absurd" sei. Der entsprechende Prüfbericht sei vorher "von dritter Seite" an die Presse geleitet und damit öffentlich geworden. "Wir sehen […] keinen Grund, das vorgesehene Prüfungsverfahren abzuändern oder auch nur vorläufig zu beenden", erklärte der Datenschutzbeauftragte.
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