Besetzte Schule: Flüchtlinge planen Refugee-Center
In einer "Erklärung an Alle" wenden sich die Flüchtlinge aus der besetzten Kreuzberger Schule gegen Vorwürfe des Bezirks und legen ihre Pläne für die Schule vor.
Eine "Erklärung an Alle, auch an den Berliner Senat und den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg" soll der Text sein - und eine "Einladung mit uns zu reden". Mit dem am Freitag veröffentlichten Dokument wehren sich die Flüchtlinge aus der besetzten Kreuzberger Schule gegen Vorwürfe und stellen ihre Pläne für ein "richtiges Refugees-Center von Refugees für Refugees" vor.
Am Montag war es zu Auseinandersetzungen zwischen den Schulbesetzern und dem vom Bezirk beauftragten Sicherheitsdienst gekommen, als die Flüchtlinge versuchten, den Pavillon auf dem Schulhof zu besetzen. Nach Darstellung des Bezirks wurde die Security bedroht und körperlich angegriffen, weshalb sie die Polizei gerufen habe. Bei anderer Gelegenheit seien Stahltüren zum gesperrten Seitenflügel und Keller aufgebrochen worden. Am Mittwoch erklärte ein Bezirkssprecher, künftig werde sofort Strafanzeige gestellt, wenn ähnliches wieder vorkomme.
Die Flüchtlinge wiederum wollen in dem Pavillon ein "Social Center" mit KüfA ("Küche für Alle", früher: Volksküche), Café und Fahrradwerkstatt eröffnen, wie sie am Freitag erklärten. Weitere Projekte für ihr Refugee-Center seien ein Theater-Projekt, einen Musiktreff und eine Siebdruck-Werkstatt, die sie auch mit Menschen von außerhalb der Schule umsetzen wollen. Man werde dafür nicht um Erlaubnis fragen, "zu viele Versprechen von PolitikerInnen und Verwaltung sind nicht eingehalten worden". Sie erwarteten aber, nicht an "unserer Arbeit gehindert" zu werden - so wie am Montag, als man das Social Center habe eröffnen wollen.
Seit der weitgehenden Räumung der Schule im Juli stehen der Pavillon und ein großer Teil des Schulgebäudes leer. Laut Vereinarung zwischen Bezirk und den 45 verbliebenen Besetzern dürfen sie in einem Teil des Gebäudes wohnen bleiben, während der Rest zu einem "Flüchtlingszentrum" umgebaut werden soll. Ein Sicherheitsdienst soll für die Einhaltung der Vereinbarung sorgen.
Seitdem sei jedoch wenig geschehen, klagen die Flüchtlinge. "Ausreden, das wir BauarbeiterInnen an ihrer Arbeit hindern, sind gelogen." Zudem zeigen sie sich verwundert über die neusten Pläne des Bezirks. Danach soll die versprochenen Wohnplätze vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) finanziert und um 70 auf 140 aufgestockt werden. Damit könnten die Plätze jedoch nicht, wie ursprünglich geplant, auch an Illegalisierte und Menschen ohne Leistungsbezug vergeben werden. Wenn man plane, mehr Menschen in der Schule unterzubringen, fragen die Besetzer, "Warum wurden sie dann vorher gewaltsam rausgeschmissen?"
Für die Flüchtlinge läuft dies darauf hinaus, dass die Schule zu einer Art "Lager" wie andere FLüchtlingsheime werden soll. Schon jetzt, schreiben sie, habe die Schule durch die Security etwas von einem Lager bekommen. "Aber wir werden hier kein Lager akzeptieren."
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