Beschluss der Innenminister:innen: In Berlin soll ein Zentrum zur Drohnenabwehr entstehen
Gegen illegale Überflüge setzen die Innenminister:innen auf Vernetzung. In Berlin soll ein neues Drohnenabwehrzentrum entstehen.
Wie können auffällige und bedrohliche Drohnen in Zukunft rechtzeitig erkannt und vom Himmel geholt werden und von wem? Die meisten dieser Fragen konnten auch die Innenminister:innen der Länder nach ihrer halbjährlichen Tagung am Freitag in Bremen nicht beantworten.
Was jedoch verkündet wurde: Ab dem 17. Dezember soll in Berlin ein vom Bund geführtes Drohnenabwehrzentrum entstehen, an dem die Länder, die Polizeien sowie die Bundeswehr beteiligt sind.
In erster Linie solle dort ein Lagebild erstellt werden, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), der die getroffenen Beschlüsse mit seinen Kollegen aus Bremen und Hamburg vorstellte. Das sei wichtig, falls Drohnen an mehreren Orten gleichzeitig auftauchten.
Eine zentrale Entscheidungsbefugnis werde es allerdings weiterhin nicht geben. Aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten für Gefahren von außen (Bundeswehr) und innen (Polizei) ist das rechtlich nicht möglich. Im Inland kommt es wiederum darauf an, wo eine Drohne fliegt – über Flughafengelände ist die Bundespolizei zuständig, außerhalb die Landespolizei.
850 Meldungen bis Oktober
Bisher werden Berichte über Vorkommnisse mit illegal fliegenden Drohnen ans Bundeskriminalamt (BKA) gemeldet. Der Spiegel berichtete kürzlich, es seien in diesem Jahr in ganz Deutschland bis Mitte Oktober über 850 solcher Meldungen mit 1.550 Drohnen eingegangen. Sie sollen über sogenannter kritischer Infrastruktur wie Krankenhäuser und Stromversorger geflogen sein sowie über Justiz-, Militär- und Industrieanlagen.
Unklar ist allerdings, was die Bundesländer dem BKA melden. So hatte die taz Ende September die Innenministerien der norddeutschen Bundesländer nach Zahlen gefragt. Mecklenburg-Vorpommern schrieb von 68 Vorkommnissen im ersten Halbjahr. Aber nur in vier Fällen habe es sich um meldepflichtige Vorkommnisse gehandelt: Dreimal seien Militäranlagen überflogen worden, einmal ein Offshore-Windpark.
Niedersachsen sprach von 272 Vorfällen „mit unbekannten Flugobjekten oder auffälligen Positionslichtern am Himmel“ bis Ende September. In wie vielen Fällen dabei Militäranlagen und Ähnliches betroffen waren, wollte der Ministeriumssprecher nicht sagen. Zudem sei nicht verifiziert, um welche Art von Flugobjekten es sich gehandelt habe. Der Sprecher des Hamburger Innensenators Andy Grote (SPD) schrieb der taz, die Polizei führe keine Statistik zu Drohnensichtungen, auch Schleswig-Holstein und Bremen nannten keine Zahlen.
Vernetzung statt Doppelstrukturen
Das neue Drohnenabwehrzentrum soll auch dazu dienen, „Doppelstrukturen“ abzuschaffen, sagte Bayerns Innenminister am Freitag in der Pressekonferenz. Nun haben die fünf norddeutschen Bundesländer gerade erst ein „Kompetenzcluster Drohnenabwehr“ vereinbart. Hamburgs Innensenator Andy Grote erklärte, dabei handle es sich anders als beim Abwehrzentrum nicht um eine „operative“ Einrichtung, sondern um eine „Austauschplattform“. Und: „Wir brauchen überall Vernetzung.“
Bei einem Auftakttreffen Anfang November sei beispielsweise aufgefallen, dass ein Gesetz fehle, das den Betreibern von Einrichtungen der kritischen Infrastruktur die technische Drohnenabwehr erlaube. Daraus sei ein Antrag an den Bundesrat entstanden, der daraufhin anregte, diesen Punkt noch in das neue Kritis-Dachgesetz aufzunehmen. Dafür sei es aber wahrscheinlich zu spät, so Herrmann.
Nicht äußern konnte sich an dieser Stelle sein Parteifreund, Bundesinnenminister Alexander Dobrindt, der zu einer Sitzung des Bundestags in Berlin abgereist war. Am Vortag hatte er vor dem Tagungsort, dem Bremer Parkhotel, demonstrieren lassen, wie die Bundespolizei eine Drohne abfangen kann. Dem Vernehmen nach hatte er seine Drohnenshow nicht mit den Innenminister:innen der Länder abgesprochen.
Seine Pressestelle schrieb am Freitag, „viele Drohnenflüge zielen nicht primär auf direkte Angriffe, sondern auf Verunsicherung“. Dabei ist es Dobrindt, der zuverlässig angsteinflößende und damit verunsichernde Bilder evoziert. So hatte er im September von „Drohnenschwärmen“ über Schleswig-Holstein gesprochen, auch von einer „Mutterdrohne“ war die Rede, was die Landesinnenministerin beides öffentlich später weder bestätigte noch dementierte.
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