Beschimpfung Israels in Vollversammlung: Ahmadinedschad sorgt für UN-Eklat

Nach dem obskuren Auftritt des libyschen Revolutionsführers al-Gaddafi hat auch die Rede von Irans Präsident in der UN-Vollversammlung zu einem Eklat geführt. Die deutsche Delegation verließ den Saal.

Nannte die iranischen Präsidentschaftswahlen "voll demokratisch": Ahmadinedschad. Bild: dpa

NEW YORK dpa | Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat mit scharfer Kritik an Israel für einen Eklat in der UN-Vollversammlung gesorgt. Er nannte das Vorgehen gegen die Palästinenser "Völkermord" und warf den Juden vor, die internationale Politik zu dominieren. Israel boykottierte die Sitzung am Mittwochabend in New York. Zahlreiche andere Teilnehmer, darunter auch die deutsche Delegation, verließen den Saal aus Protest während der Rede des iranischen Präsidenten.

Auf den Streit um das Atomprogramm seines Landes ging Ahmadinedschad mit keinem Wort ein. Er versicherte nur allgemein, Teheran wolle sich "konstruktiv" daran beteiligen, internationale Probleme und Herausforderungen anzugehen. Die umstrittenen iranischen Präsidentschaftswahlen nannte er "glorreich und voll demokratisch".

Ahmadinedschad hatte schon im Vorfeld seines New-York-Besuchs für Protest gesorgt, als er bei einer Versammlung in Teheran erneut den Holocaust leugnete. Um das hermetisch abgesperrte UN-Gebäude gab es den ganzen Tag über Protestdemonstrationen von Menschenrechtsgruppen.

In seiner von langen religiösen Ausführungen durchsetzten Rede griff Ahmadinedschad auch die USA und die Vereinten Nationen scharf an. Ohne Israel ausdrücklich zu nennen, sagte er: "Es ist nicht länger akzeptabel, dass eine kleine Minderheit die Politik, Wirtschaft und Kultur großer Teile der Welt durch ihre komplizierten Netzwerke beherrscht und eine neue Form der Sklaverei betreibt."

Eine Sprecherin der deutschen UN-Botschaft sagte, die deutsche Delegation habe diese Passage als "inakzeptabel antisemitisch" empfunden und habe daher mit vielen anderen europäischen Kollegen den Saal verlassen.

Zuvor hatte US-Präsident Barack Obama die Weltgemeinschaft zu einer neuen Ära der Zusammenarbeit aufgerufen. Die USA seien zwar bereit, Führung zu übernehmen, es müssten aber alle handeln. "Genauso wie kein Land sich von der Welt abschotten kann, kann kein Land, egal wie groß, egal wie mächtig es ist, diesen Herausforderungen alleine begegnen". Die USA wollten gemeinsam mit anderen die Probleme lösen.

Der schwedische Ministerpräsident und amtierende EU-Ratspräsident Frederik Reinfeldt begrüßte den Willen der USA, sich wieder stärker in internationalen Organisationen zu engagieren. "Das öffnet die Tür zu einer neuen, vielversprechenden Ära der internationalen Zusammenarbeit."

Wie Obama und der britische Premier Gordon Brown rief auch Chinas Staatspräsident Hu Jintao zu einer atomaren Abrüstung auf. Er verlangte die Zerstörung aller Nuklearwaffen und ein striktes Verbot für künftige Produktionen. Brown sagte: "Globale Probleme müssen global gelöst werden."

Der russische Staatspräsident Dmitri Medwedew forderte, vor allem den Mittleren Osten zu einer atomwaffenfreien Zone zu machen. Den angekündigten Verzicht der USA auf das umstrittene Raketenabwehrprojekt in Europa nannte er "einen konstruktiven Schritt in die richtige Richtung".

Vor Ahmadinedschads Auftritt hatte vormittags schon der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi für Aufregung gesorgt, als er dem Sicherheitsrat "Terrorismus" vorwarf und vor aller Augen ein Exemplar der UN-Charta einriss und später zu Boden warf.

Am Donnerstag sollte bei den Vereinten Nationen das Thema atomare Abrüstung im Mittelpunkt stehen. Obama wollte dazu als erster US- Präsident eine Sitzung des Sicherheitsrats leiten. Zudem war eine zweitägige Konferenz von rund hundert Außenministern aus aller Welt geplant. In der Vollversammlung standen unter anderem Reden von Vertretern Israels, Afghanistans und des Iraks auf dem Programm.

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