Berufsverbot für Delmenhorster FDP-Politiker: Besuchen verboten
Während die FDP berät, ob Claus Hübscher nach seiner Iran-Reise noch für den Landtag kandidieren darf, hat die Volkshochschule Delmenhorst bereits ein Berufsverbot gegen ihren Ex-Chef verfügt.
BREMEN taz | Darf er 2013 für den Landtag kandidieren – oder nicht? Während die Volkshochschule Claus Jürgen Hübscher vor einer Woche fristlos gefeuert hat, ist die Frage in seiner Partei noch offen. Bei Redaktionsschluss befragte der FDP-Bezirksvorstand den 65-Jährigen noch. Der FDP-Landesvorstand wartete das nicht ab.
„Im Prinzip gibt es zwei Möglichkeiten, jetzt mit Herrn Hübscher zu verfahren“, sagte Generalsekretär Gero Hocker. Entweder müsse versucht werden, ihn „davon zu überzeugen, seine Kandidatur zurückzuziehen“, oder er würde auf der Abstimmung zur Landesliste am 14. und 15. Juli weit „nach unten“ gesetzt werden.
Für Claus Hübscher zählt eine andere letzte Instanz: „Mein Delmenhorster Verband hat mich aufgestellt“, sagt er. Die Protokolle sind geschrieben und genehmigt. „Nur wenn von denen ein deutliches Signal käme, ich solle zurückziehen, hätte das für mich Gewicht.“ Momentan ist das nicht der Fall und zum Verzicht nötigen lasse er sich nicht, so Hübscher.
Claus Hübscher ist nicht der einzige und bei weitem nicht der prominenteste westliche Vertreter, der Mahmut Ahmadinedschad seine Aufwartung machte. Sie waren auch da:
Gerhard Schröder (SPD), Ex-Bundeskanzler, Februar 2009.
Guido Westerwelle (FDP), Bundesaußenminister, 2011.
Claus Kleber (ZDF), Moderator, 2012.
Die Botschafter von Schweden, Frankreich und Großbritannien nahmen 2009 an Ahmadinedschads zweiter Amtseinführungs-Zeremonie teil.
Es ist ja auch erst der zweite oder dritte Dreh der Erregungsspirale, die sich derzeit um ihn windet. Erst ging’s nur um den Iran, um Hübschers Reise dorthin und den Besuch bei dessen judenfeindlichem Präsidenten Mahmut Ahmadinedschad. Bei dem hatte der FDP-Landtagskandidat Hübscher eine ziemlich überraschende Audienz bekommen, weil er sich der Reisegruppe des regimetreuen Yavuz Özouz anschloss.
Der Bruder der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Aydan Özouz lebt in Delmenhorst und ist Betreiber des berüchtigten fundamentalistischen Internet-Portals Muslim-Markt. Vom Amtsgericht 2004 wegen Volksverhetzung verurteilt, wurde das Verfahren vorm Landgericht gegen 1.000 Euro eingestellt. Dass er einen guten Draht zum Mullah-Regime habe, war bislang nur ein Gerücht gewesen.
Hübscher war privat unterwegs. „Weder hatte ich vor, darüber zu berichten, noch bin ich von mir aus an die Öffentlichkeit gegangen.“ Bloß: Das hat das Regime besorgt. Überraschend fand das Hübscher, „ich bin doch zehnte Garnitur“, sagt er. „Unfassbar“, twitterten indes andere bei Bekanntwerden des Empfangs. Durch die Annahme der Einladung habe der Provinzpolitiker „das Regime im Iran legitimiert“, findet gar der grüne Bundestagsabgeordnete Sven-Christian Kindler.
Später wurde problematisiert, dass Hübscher Ahmadinedschad so verstanden hatte, dass dieser seine – tatsächlich meist sehr umwunden formulierte – Holocaust-Leugnung leugne: „Er hat gesagt“, so Hübscher, „dass der Präsident historische Realitäten nicht ignorieren könne.“
Das wäre ja eine gute Nachricht, Freude löste sie dennoch nicht aus. Und als Hübscher einschränkte, so jedenfalls habe er die Simultan-Übersetzung ins Englische verstanden, und er sei auch nicht „der große Iran-Experte, der das Gewicht dieser Äußerungen genau bestimmen kann“, haben das manche ihm wieder als unstatthaftes Zurückrudern ausgelegt: Würde die Holocaust-Leugnungsleugnungsleugnung nicht in die Nähe eines Straftatbestandes rücken? Es ist jedenfalls alles schrecklich aufregend in Delmenhorst.
Ohne Anhörung hat die Volkshochschule Delmenhorst in der Sache Hübscher entschieden: Sie hat den Dozentenvertrag mit ihm fristlos gekündigt. „Die sofortige Trennung ist unumgänglich“, heißt es in ihrer Mitteilung, „um die VHS vor einem weiteren Imageschaden zu bewahren.“ Hübscher war von 1975 bis zum Ruhestand bei der VHS angestellt: Erst als pädagogischer Leiter, 2004 transformierte er dann die öffentlich-rechtliche Institution in eine gemeinnützige GmbH, deren Geschäftsführer er war.
Begründet wird der Rauswurf nun damit, dass er „mit seinem Besuch bei dem iranischen Präsidenten dem Ansehen der VHS erheblich geschadet“ hätte. Eine Liste über Reiseziele, die VHS-Dozentinnen privat nicht ansteuern dürfen, „so etwas gibt es nicht bei uns“, stellt VHS-Justitiarin Elke Beecken auf Nachfrage klar. Auch fehlt eine Aufzählung von Staats-Chefs, deren Besuch unvereinbar ist mit der Würde des Dozenten-Amts.
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