■ NOCH 3361 TAGE BIS ZUM JAHR 2000: Berühmte Vögel
Die Lufthansa-Linienmaschine von Hannover nach Sao Paulo hatte letzten Donnerstag einen ungewöhnlichen Gast an Bord: Ein etwa 60 Zentimeter großer männlicher Papagei nahm im Passagierraum des Flugzeuges Platz und flog zu einem Sexabenteuer zu einem in Brasilien lebenden Weibchen. In einer Zuchtgemeinschaft soll der Spix-Ara „Pele“ zur Erhaltung seiner Art beitragen, denn weltweit sind nur noch 20 Exemplare des Großpapageis registriert. Pele wird vom Vogelpark Walsrode als Dauerleihgabe in sein Herkunftsland vergeben. Schweren Herzens läßt der Leiter des Parks, Hans Geiger, das Prachtexemplar ziehen. „Er ist der einzige Papagei seiner Art in Deutschland“, jammert Geiger, „aber nur durch ein gezieltes, uneigennütziges Zusammenarbeiten können wir die Art vor dem Aussterben bewahren“. Wenn die internationale Vögelei klappt, soll es eines Tages möglich werden, den Ara wieder in seinem ursprünglichen Lebensraum im Nordosten Brasiliens anzusiedeln. Dort wurde der Bestand durch zahlreiche Feinde fast auf Null dezimiert. Killerbienen eroberten die Baumhöhlen des etwas behäbigen Vogels, und die Menschen räuberten seine Nester und verscherbelten die bunten Tiere als lebende Zimmerdekorationen. Den Ara zu verkaufen, ist ziemlich einfach; er ist schön, selten und zutraulich. Vor zwei Jahren erhielt der Vogelpark bereits ein Kaufangebot für Pele in Höhe von 80.000 Mark. „Der Schwarzmarktpreis kann ein Vielfaches betragen“, meint Herr Geiger. Man kann also Pele nur viel Glück wünschen und hoffen, daß er in Brasilien sein Bestes geben wird, um seine Art zu erhalten.
Eine andere zoologische Rarität fand nach einer Atlantiküberquerung ein grausiges Ende. Nach dem Trip von Kanada nach England brach sich die Vertreterin einer seltenen Drosselart das Genick an einer Glastür in der Grafschaft Gloucestershire. Es war die Tür einer der berühmtesten Vogelkliniken Großbritanniens.
Das Flugtier werde wohl auf dem Weg vom Sommerquartier in Kanada zum Überwintern in Südamerika von widrigen Winden vom Kurs abgetrieben worden sein, spekuliert der britische Vogelkundler Basil Hughes. Inzwischen hat die tote Rekord-Drossel ein eisiges Grab gefunden. Im Kühlschrank der Vogelklinik ist sie zum Zweck des Ausstopfens konserviert worden. Britische Spezialisten äußerten die Ansicht, daß der Vogel, wäre er nicht an der Tür gescheitert, in Ornithologenkreisen ziemlich berühmt geworden wäre. Karl Wegmann
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