Bernhard Pötter über die Klimapläne der EU: Europa leidet an den Europäern
Auch beim Klimaschutz zeigt sich: Es kommt immer gut an, auf „Brüssel“ zu schimpfen – aber die Bremser sitzen in den Hauptstädten der EU. Dass die EU so träge und zögerlich bei einer modernen Energiepolitik vorangeht, liegt nicht an der EU-Kommission, die gestern ihren neuen Vorschlag für Klimaziele präsentiert hat. Sondern daran, dass viele nationale Regierungen am liebsten gar nicht hören wollen, wie das EU-Klimaziel umzusetzen ist – ein Ziel, das sie 2014 selbst beschlossen haben.
Dieses ist sogar ziemlich ehrgeizig: Minus 40 Prozent Treibhausgase bis 2030. Aber es zeigt auch das Dilemma der europäischen Politik: Einerseits reicht es bei weitem nicht aus, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen – andererseits wird es von Ländern im Osten und Süden der EU bekämpft, weil es ein Ende der Kohle und Investitionen in saubere Technik erfordern würde. Die logische Folge: Die reichen Länder wie Deutschland und Frankreich schultern einen größeren Teil der Aufgabe als bisher schon. Das ist gerecht, stößt aber an seine Grenzen. Deshalb sollen sich jetzt alle anstrengen, findet die EU-Kommission zu Recht.
Nötig wäre eine gemeinsame EU-Politik, die mit dem Credo der Nachhaltigkeit Ernst macht: Das würde massive Investitionen erfordern – in Energieeffizienz in Ländern wie Polen, Rumänien, Bulgarien, in Ausbildung und erneuerbare Energien an der Südflanke der EU von Griechenland bis Portugal und in zukunftsfähige Verkehrssysteme, Wärme und Haushalte in den reichen Ländern Zentraleuropas. Das bräuchte eine Menge Geld und noch mehr politisches Kapital und Weitsicht. Vor allem bräuchte es den Willen, als Europäer diese Herausforderung zu meistern. Also ziemlich das Gegenteil dessen, was beim Begriff „Europäische Union“ derzeit überall debattiert wird.
Aber gerade beim Klima zeigt sich wieder mal sehr deutlich: Jedes Land für sich allein ist erst recht keine Lösung.
Wirtschaft + Umwelt
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