Bernd Pickert über ein Jahr Annäherung Kuba/USA: Für Kuba mehr als ein Symbol
Der Tag ist zum Symbol geworden. „17D“, die Abkürzung für den 17. Dezember 2014, als US-Präsident Barack Obama und seine kubanischer Amtskollege Raúl Castro kurz nacheinander vor die Kameras traten und die geplante Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen verkündeten, ist auf Kuba zum Synonym geworden für die Hoffnung auf Wandel.
Dabei ist das eigentlich eine falsche Zuordnung. Die von der kubanischen Regierung beschlossenen Reiseerleichterungen von Anfang 2013 waren für viele Kubaner_innen bis heute bedeutsamer als die Wiedereröffnung der Botschaften im vergangenen Sommer. Die Eröffnung von einem guten Dutzend WLAN-Hotspots im öffentlichen Raum bedeutet für viele Kubaner_innen mehr Kommunikation mit der Welt als die in Aussicht gestellten Linienflüge zwischen den USA und Havanna. Und die wirtschaftliche Öffnung des Landes findet derzeit in alle Himmelsrichtungen statt – immer noch am wenigsten aber Richtung Norden, mit den USA.
Politisch freilich bleibt der 17D das stärkste Zeichen. Der Tag bezeichnet das Ende einer Epoche. Erst seit diesem Moment ist der Kalte Krieg auch in Kuba zu Ende – und damit auch eine politische Gewissheit, die Generationen geprägt hat.
17D ist eine Projektion, eine Hoffnung für viele, eine Angst für etliche. Denn es sind ja nicht nur irgendwie verklärte Tourist_innen, die jetzt schnell „noch mal nach Kuba wollen, bevor McDonald’s kommt“. Mit zunehmender Liberalisierung laufen viele Kubaner_innen, insbesondere die alten und die Afrokubaner_innen, Gefahr, aus dem sozialen Netz zu fallen.
Nur aus diesem Grund ist die ansonsten zu Recht beklagte Langsamkeit des Wandels gar nicht schlecht. Es braucht Behutsamkeit. Die Konsequenzen eines Staatszusammenbruchs konnten selbst im reichen Deutschland nach 1990 kaum aufgefangen werden. In Kuba würde er direkt in Massenarmut führen. Das kann niemand wollen.
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