Attentat an israelischen Diplomaten: Mörderische Selbstgerechtigkeit
Für alle, denen es wirklich um das Leben der Palästinenser geht, ist heute ein schwarzer Tag – nicht nur wegen der erwartbaren Reaktionen Trumps.
Z wei junge Mitarbeiter*innen der israelischen Botschaft in den USA sind erschossen worden. Noch ist unklar, ob der mutmaßliche Täter, der 30-jährige Elias Rodriguez aus Chicago, die beiden dezidiert als Ziel genommen hat. Ob er sie kannte und wusste, wer sie sind, oder ob er sich einfach nur vor das Jüdische Museum in der Innenstadt stellte und auf irgendjemanden seine Waffe richtete, der das Museum verließ, wo ein Empfang für Jungdiplomaten stattfand.
Wenn man das vermutlich authentische, unter dem Titel „Eine Erklärung“ veröffentlichte Manifest des Attentäters liest, spielt das keine Rolle. Lange referiert er über das israelische Vorgehen im Gazastreifen, das er als Genozid bezeichnet, um dann zum Kern zu kommen: der mörderischen Selbsterhöhung seiner selbst als eines Gerechten, der über das Leben anderer entscheiden darf. Anderer, denen er – in ihrer mutmaßlichen Eigenschaft als Täter in Gaza – das Menschsein abspricht. „Diejenigen von uns, die gegen den Genozid sind, argumentieren gern damit, dass die Täter und Helfershelfer ihre Menschlichkeit verwirkt haben. Ich sympathisiere mit diesem Standpunkt“, schreibt er.
Er weiß um Terror als Botschaft, und genau so will er seine Tat auch verstanden wissen – heute, so seine Ansicht, würde das auf Verständnis stoßen und anders als früher sogar als einzige wirklich angebrachte Handlungsoption gesehen werden.
Das ist, aus anderen Umständen heraus, die gleiche kranke Scheiße, die irgendwelche rassistischen Mörder anführen, um den Untergang der Weißen aufzuhalten. Die gleiche Selbstermächtigung, anderen das Leben zu nehmen, Familien zu zerstören. Die gleiche unerträgliche Selbstgerechtigkeit, die deutsche Linke von der RAF kannten – interessanterweise nicht zuletzt auch, wenngleich nicht nur, im Israel-Palästina-Zusammenhang.

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Für alle, denen es wirklich um das Leben der Palästinenser*innen geht, ist das ein schwarzer Tag. Nicht nur wegen der erwartbaren Reaktion der Trump-Regierung, die auch friedlichen Protest nicht dulden mag.
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