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Berlinwahl 3: PiratenparteiFreie Fahrt, freie Daten

Die Datenschutzverfechter haben einen neuen Schwerpunkt: den Berliner Nahverkehr.

Freie Fahrt für Piraten Bild: DPA

Weg mit der Regelstudienzeit, her mit den kostenlosen BVG-Fahrscheinen und mehr Freiräumen in der Stadt! Die Piratenpartei hat sich thematisch verbreitert. Vor fünf Jahren als Lobbyisten für Datenfreiheit gestartet, wollen die Berliner Piraten im September auch mit ihren Vorstellungen zu öffentlichem Nahverkehr, Stadtentwicklung und Bildung punkten. "Unser Ziel heißt Abgeordnetenhaus", sagte am Sonntag Spitzenkandidat Andreas Baum bei einem Parteitag in Moabit. Mit dem Einzug in mehrere Bezirksparlamente rechnet der 32-Jährige fest.

Die geforderten kostenfreien Nahverkehrstickets wollen die Piraten mit einer kommunalen Abgabe gegenfinanzieren. Wie genau das Modell aussehen soll, ist unklar. Touristen könnten eine Kurtaxe als Ausgleich zahlen, so Spitzenkandidat Baum. Außerdem könne viel gespart werden, wenn Schwarzfahrer keine Gefängnisstrafen mehr absitzen müssten.

Darüber hinaus will die Partei die Verträge zwischen Land und S-Bahn grundlegend ändern. Wenn das Land zahle, müsse es Einfluss auf Infrastrukturmaßnahmen nehmen können. Die Piratenpartei unterstützt auch das geplante Volksbegehren zur Offenlegung der S-Bahn-Verträge. Mehr noch: "Verträge mit der öffentlichen Hand sollen erst mit ihrer Veröffentlichung wirksam werden", forderte Baum.

Die Regelstudienzeit soll abgeschafft werden, ebenso ein gesetzliches Wahlalter: Jeder solle selbst entscheiden können, ab wann er oder sie sich politisch interessiere. Das bedeute nicht, dass Kleinkinder in die Wahlkabinen getragen würden, beschwichtigte der Spitzenkandidat. Es gehe um mehr Selbstverantwortung für Bürger. Hinter dem gelernten Industriemechaniker Baum stehen 15 weitere Mitglieder auf der Liste. Eine Frau ist darunter. Statt einer Quote strebe die Partei vielmehr eine Atmosphäre an, in der Frauen Lust hätten, sich zu engagieren, so Baum.

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10 Kommentare

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  • KT
    Kim T.

    Kostenloser ÖPNV? Tolle Idee!

    Wer fährt in Berlin eigentlich Auto?

    http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/nur-exoten-fahren-auto/

    Ich habe in den letzten vier Jahren drei Mal im Auto gesessen: bei meinen drei Umzügen.

    Ansonsten fahre ich mit dem ÖPNV oder Fahrrad.

    Ich sehe übrigens nicht ein, warum Leute, die nicht Auto fahren, über ihre Steuern Straßen für Autos mitfinanzieren sollten, wenn es auch anders geht

    und vor allem sehr viel umweltschonender, gesünder und auch sozialer gegenüber vielen, die sich weder Auto, Fahrrad noch ÖPNV-Tickets leisten können.

    Dieser Vorschlag hat mir jedenfalls die Piratenpartei wieder wählbarer gemacht.

    Und dieser Partei mit der Sozialismus-Keule zu kommen, halte ich in einer Stadt, in der 2/3 links wählen für realitätsfremd.

  • SB
    Stephan Beyer

    Len,

     

    Du schriebst: »davon abgesehen kommen sie nun mit der Idee "Wahlrecht für alle", die nun wirklich nicht durchsetzbar ist. und eben auch kostenlose ÖPNV für alle ist Quatsch (für sozial Schwache, ja. für alle, nein.).«

     

    Also »ist Quatsch« ist nicht unbedingt eine bessere Argumentationsweise als »magst du nicht verstehen«. Die bessere Argumentation wäre, zu erläutern, wieso das Quatsch ist.

     

    Zu Punkt 1: Du hältst ein Wahlrecht für alle nicht für durchsetzbar. Ich weiß nicht, wie die Berliner Piraten sich das vorstellen, aber ich stelle mir das so vor, dass jeder Bürger, der willens ist zu wählen, selbst zum Bürgeramt (oder wie das in Berlin heißt) zu gehen und sich dort ins Wählerverzeichnis eintragen zu lassen und dann eben auch wählen darf. Diese vorgeschlagene Implementierung ist natürlich nicht alternativlos. Unabhängig davon, sehe ich nicht, wieso das nicht durchsetzbar sein sollte. (Soweit ich weiß, war der Grundsatz, dass jeder Bürger unabhängig vom Alter wählen dürfen können sollte, bisher bundesweit in der Piratenpartei Deutschland nicht mehrheitsfähig - schön, dass wenigstens sich die Berliner trauen, das für Berlin zu fordern.)

     

    Zu Punkt 2: Du sagst, ein kostenlose ÖPNV für alle sei Quatsch und einer für sozial, pardon, finanziell Schwächere sei kein Quatsch. Wie verhält es sich denn mit folgenden Forderungen: "Kostenloser ÖPNV für alle ohne PKW!", "Kostenloser ÖPNV für alle ohne Fahrerlaubnis!" oder "Kostenloser ÖPNV für alle in der Umweltzone!"? Frage nur aus Interesse.

    (Wobei ich als Nichtberliner sagen muss, dass die Berliner Bahnen im Vergleich zu vielen kleineren Nestern unverschämt günstig sind.)

     

    Lieben Gruß,

    Stephan

     

    PS: Sozialistisch ist, was Arbeit schafft.

  • M
    Marco

    Einen kostenlosen ÖPNV würde ich nicht nur in Berlin begrüßen. Wenn schon, dann bundesweit.

     

    Das rechnet sich schon durch die Vermeidung teurer Umweltschäden und die deutlich verringerte Anzahl an

    Unfällen mit Personenschaden.

     

    Ein Plus an Produktivität für Deutschland.

    Vorbei das Verkehrschaos.

    Vorbei die Parkplatznot.

  • L
    Len

    das: "...Du magst es nicht verstehen..." könnt Ihr Piraten Euch bitte ein für allemal abgewöhnen. so "argumentiert" Ihr ständig. wer nicht mit Euch ist, ist sofort dumm, böse, wasauchimmer.

     

    und wer auch immer Andena" ist, muss ich da recht geben. die Piraten geben sich bundesweit eher liberal, in Berlin aber äusserst sozialistisch.

     

    davon abgesehen kommen sie nun mit der Idee "Wahlrecht für alle", die nun wirklich nicht durchsetzbar ist. und eben auch kostenlose ÖPNV für alle ist Quatsch (für sozial Schwache, ja. für alle, nein.).

     

    mehr grandioses dieser Partei (in Berlin), mag jeder selbst lesen: http://wiki.piratenpartei.de/BE:Antragskommission

     

    die Piraten sollten meiner Meinung nach erstmal bei ihren Hauptanliegen Bürgerrechte, Schutz und Durchsetzung des Grundgesetzes sowie Informationsfreiheit bleiben und hier beweisen, dass sie sich durchsetzen können.

     

    ich werde sie in Berlin dieses Jahr keinesfalls wählen.

  • HH
    Heiko Herberg

    @hungry troll:

     

    Die Metropolregion Tokio umfasst ca. 35,5 mio Menschen. Die Metropolregion Berlin/Brandenburg, die ca. doppelt so groß ist, umfasst gerade einmal 6 mio Menschen.

     

    Da sollten wir ordentlich Luft nach oben haben ;-)

     

    Aber natürlich hast du Recht, der ÖPNV muss der Nutzung angepasst werden. Aber die Infrastruktur wird derzeit weder auf der S-Bahn noch in der U-Bahn ausgereizt. Geringere Takte und längere Züge können dort deutlich mehr Menschen transportieren!

  • HT
    hungry troll

    "... ist weder ein Bürgerrecht, nein noch nicht einmal ein Grundrecht, geschweige denn ein Menschenrecht... "

     

    Da kennt sich einer aus. Entweder mit Rechten aller Art und deren Rangordnung oder mit deutschen Redewendungen.

     

    Ontopic:

     

    Kostenlosen ÖPNV halte ich für etwas gutes. Allerdings aus eher ökologischen Gründen. Selbst bei den hohen Benzinpreisen ist es teilweise immer noch günstiger mit dem Auto zu fahren als mit der Bahn. Sobald nicht allein fährt ist das quasi immer der Fall. Allerdings ist es mit kostenloser Benutzung nicht getan. Würde der Andrang auf den ÖPNV steigen, haben wir bald Verhältnisse wie in der Tokioter U-Bahn.

  • A
    Andena

    Hallo Oliver,

     

    tut mir ja echt leid, aber ein öffentlicher Personennahverkehr ÖPNV "für lau" ist weder ein Bürgerrecht, nein noch nicht einmal ein Grundrecht, geschweige denn ein Menschenrecht.

     

    Ihr habt Euch entschieden, als eine linkssozialistische Partei der Kostenlos-Kultur zur Wahl anzutreten.

     

    Viel Spaß dabei, Andena

  • AK
    Arnd Klinkhart

    Hallo Andena, reicht Dir die Berliner Mailingliste nicht mehr zum Trollen? Liebe Grüße aus Hamburg

     

    Arnd

  • OH
    Oliver Höfinghoff

    Lieber Andena,

     

    Wir haben uns dafür entschieden, unsere politische Arbeit daran auszulegen, dass Bürgerrechte vielfältig verteidigt werden müssen. Du magst es nicht verstehen, aber es ist ein Recht, sich frei zu bewegen, ein Recht, in einem Haus zu wohnen.

     

    Du siehst also, von unserem Anspruch, die Bürgerrechte zu verteidigen, haben wir uns keinen Millimeter entfernt. Nur unseren Horizont erweitert.

     

    Vielleicht magst du deinen ja auch etwas vergrößern. Die PIRATEN in Berlin werden dir gern noch das Eine oder Andere erklären.

     

    Ich freue mich auf deinen Besuch im Kinski Club dienstags oder wann immer du möchtest, in unserer Geschäftsstelle in der Pflugstraße 9a.

     

    Grüße,

    Oliver Höfinghoff

  • A
    Andena

    Die Piratenpartei hatte den Abspruch, eine (besser: die) Bürgerrechtspartei zu werden.

     

    Der Landesverband Berlin dagegen ist in sozialistische Träume einer Kostenlos-Kultur, die über mehr Steuern, Abgaben und letztendlich neuen Schulden finanziert werden soll, abgedriftet.

     

    Mein fazit: Unwählbar!