Berlins schwarz-rote Landesregierung: Reden mit Drohkulisse

Der Senat strebt mit einem neuen Bündnis 2000 zusätzliche Ausbildungsplätze bis April 2025 an. Sonst steht den Unternehmen dafür eine Umlage ins Haus.

Das Bild zeigt eine junge Handwerkerin, die an einem Rauchmelder arbeitet.

Mehr und bessere Information in Schulen soll für mehr Interesse an Handwerksberufen sorgen Foto: Sebastian Rau/photothek.de/imago

BERLIN taz | Ab August soll nach Willen des schwarz-roten Senats ein „Bündnis für Ausbildung“ dafür sorgen, dass es bis binnen zwei Jahren 2.000 zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze in Berlin gibt. Falls das nicht bis April 2025 klappt, droht der hiesigen Wirtschaft die von führenden Verbänden abgelehnte Ausbildungsplatzumlage. Bei der Pressekonferenz nach der Senatssitzung wurde deutlich, dass dieses Thema, obwohl im Koalitionsvertrag geregelt, ein schwieriges zwischen CDU und SPD ist.

Hintergrund sind die Ausbildungszahlen: Zum einen gab es laut Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) über 3.000 junge Leute, die 2022 keinen Ausbildungsplatz fanden, zum anderen rund 1.500 unbesetzte Plätze. „Wir haben hier ein Mismatch (etwas, was nicht passt – Anm. d. Red.), sagte Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD). Im Bündnis sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichwertig mitwirken.

Mehr als bloß Eckpunkte, die der Senat am Dienstag diskutierte, stehen dafür noch nicht fest. Giffey setzt vor allem auf bessere Berufsberatung: Neue Berufe wie etwa der des Solarteurs – eines Installateurs für Solaranlagen – seien noch nicht ausreichend bekannt. Sie warb ausdrücklich dafür, einen solchen Klimaberuf zu wählen und so ganz praktisch Teil der Klimawende zu sein.

Kiziltepe kam schnell auf die bei Nichterreichen des 2.000-Plätze-Ziels anstehende Ausbildungsplatzumlage zu sprechen: Die nannte sie eine „faire Maßnahme, um die Betriebe zu unterstützen, die ausbilden“. Nach ihren Worten bilden nur 10 Prozent der Berliner Betriebe aus, während es im Bundesschnitt doppelt so viele seien. Auf Nachfrage bestätigte Giffey, dass Berlin eine besondere, von vielen Kleinstbetrieben geprägte Struktur habe. Man dürfen es sich aber „nicht zu leicht machen“ und sich damit einfach abfinden.

Sprecherin: Umlage ist nicht das Ziel

Der Betonung der Umlage trat die gerade ins Amt gekommene neue Senatssprecherin Christine Richter entgegen, zuvor fünf Jahre Chefredakteurin der Morgenpost. „Das Ziel des Senats ist nicht, eine Ausbildungsplatzumlage einzuführen“, sagte Richter, die mit Kiziltepe und Giffey vor den Journalisten saß. Doch auch zwischen den beiden Senatorinnen gab es Misstöne: Giffey sagte, dass beide Senatsverwaltungen die Federführung hätten, wie es auch in der Pressemitteilung des Senats steht. Kiziltepe hingegen erweckte den Eindruck, dass sie die Federführung für sich beansprucht.

Die Arbeitgeberseite zeigte sich wenig erfreut über die Drohung mit der Umlage. „Diese Kopplung von 2.000 zusätzlich unterzeichneten Ausbildungsverträgen mit der Ausbildungsumlage verkennt die tatsächliche Lage auf dem Ausbildungsmarkt“, sagte Sebastian Stietzel, Präsident der Industrie- und Handelskammer, die auf Einladung des Senats im Bündnis mitarbeiten will. Er will mehr Werbung und Information in den Schulen. Die Unter­neh­mensverbände Berlin-Brandenburg forderten frühere, intensivere und vor allem praxis­orientierte Berufsorientierung. „Im Übergangssystem zwischen Schule und Berufseinstieg brauchen wir einen klaren Fokus auf die duale Ausbildung.“

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