Berlins Gesundheitssenatorin zu Corona: „Wir sind nur früher dran“
Irre Inzidenzen, PCR-Testkapazitäten und Gesundheitsämter am Limit: Omikron ist in Berlin voll da. Ulrike Gote sieht die Stadt dennoch gut gerüstet.
taz: Frau Gote, wir sind hier in Ihrem neuen Amtssitz in der Gesundheitsverwaltung. Haben Sie sich das Porträt des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier an die Wand gehängt?
Ulrike Gote: (lacht) Das ist noch von meiner Vorgängerin erhalten geblieben. Für die Inneneinrichtung blieb mir bisher, ehrlich gesagt, wenig Zeit.
Verständlich: Sie steuern jetzt Berlin als Gesundheitssenatorin durch die Coronakrise. Am Montag ist wieder Bund-Länder-Konferenz und es gibt vielleicht schon die nächsten Regeln. Wofür genau strengen wir uns eigentlich gerade an?
Gerade stecken wir mitten in der Omikron-Welle, sind also mit einer Virusvariante konfrontiert, die wahnsinnig ansteckend ist. Es geht darum, diese Welle abzuflachen. Das gelingt uns ganz gut mit Maßnahmen wie Maske tragen, Abstand halten, 2G-plus, Kontakte reduzieren. Resultat unserer Maßnahmen ist, dass die Infektionszahlen bislang langsamer als in anderen Ländern ansteigen. Es kommt jetzt darauf an, die kritische Infrastruktur aufrecht zu erhalten.
Ulrike Gote (Grüne), 56, ist mit der beginnenden Omikron-Welle im Dezember 2021 Gesundheitssenatorin geworden und folgt damit auf Dilek Kalayci (SPD). Sie war 15 Jahre in der bayerischen Landespolitik und zuletzt Gesundheitsdezernentin in Kassel. Die aktuelle Coronapolitik beherrscht zwar ihre ersten Regierungsmonate – und auch unser Interview. Als Senatorin ist Gote aber auch für die Bereiche Pflege, Wissenschaft und Gleichstellung zuständig.
Berlin ist aktuell neben Bremen und Hamburg der Corona-Hotspot der Republik, wir sind bei einer 7-Tage-Inzidenz von fast 1.500 Fällen pro 100.000 Einwohner:innen. Kann man da von einer abgeschwächten Welle reden?
In den Maßstäben von Omikron sind wir erfolgreich. Das Virus braucht bundesweit mehr Zeit als in anderen Ländern, um sich zu verdoppeln. Berlin ist ein, zwei Wochen früher als andere Städte und Bundesländer dran. Das liegt sicher auch daran, dass Berlin dicht besiedelt ist, was Ansteckungen begünstigt, und eine vergleichsweise junge Bevölkerung hat, die mobiler ist und mehr Kontakte hat. Aber die Entwicklung wird anderswo auch kommen.
Was ist Ihre Strategie für die nächsten Wochen?
Wir müssen alles tun, um die Welle weiter abzubremsen. Auch weil leider noch zu viele Menschen in Berlin nicht geimpft sind.
Da sind wir schon beim Impfen als Game Changer.
Ja, das Impfen ist ein Game Changer. In der laufenden Welle helfen vor allem die Booster-Impfungen, denn nur mit drei Impfdosen ist man wirklich gut vor schweren Verläufen geschützt. Aber die Steigerung der Impfquote insgesamt, auch durch eine möglicherweise kommende allgemeine Impfpflicht für Erwachsene, schützt uns vor dem, was in Zukunft noch kommt – dieses Jahr und wohl auch noch im nächsten Jahr.
Die 80-Prozent-Impfquote, die die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) als Ziel bis Ende Januar ausgegeben hatte, ist aber nicht mehr zu halten, oder?
Wir sind jetzt bei 76,4 Prozent Erstimpfungen. Fixe Zahlen vorzugeben, ist immer etwas kühn. Wichtig ist, dass wir überhaupt weitere Menschen für die Erstimpfungen erreichen. Deshalb bieten wir aufsuchende Impfungen in den Kiezen an, dieses Wochenende ist zum Beispiel das Familien-Impfen im Märkischen Viertel gestartet. Wenn die Apotheken demnächst ins Impfen einsteigen, ist das ein weiterer niedrigschwelliger Zugang, der sich hoffentlich auch auf die Impfquote auswirken wird.
Empfohlener externer Inhalt
Für die Strategie des wohnortnahen Impfens hat Frau Giffey alle Aufmerksamkeit bekommen. Haben Sie sich denn da als Gesundheitssenatorin die Butter vom Brot nehmen lassen?
(lacht) Ich bin froh, dass die Regierende Bürgermeisterin sich ebenfalls sehr für das Thema interessiert. Die Berlinerinnen und Berliner gut durch die Coronakrise zu bringen, schaffen wir nur gemeinsam.
Wir sehen hier Ihr Smartphone auf dem Tisch liegen. Haben Sie eigentlich die Corona-Warn-App noch an?
Die Schulkontakte positiv getesteter Schüler:innen müssen nicht mehr in Quarantäne. Bisher hatten die Schulen die Gesundheitsämter über enge Kontakte informiert und die betreffenden Schüler:innen nach Hause geschickt. Am Mittwoch beschlossen die Amtsärzte deshalb, die Kontaktnachverfolgung in den Schulen in allen Bezirken zugunsten vulnerabler Gruppen etwa in Pflegeheimen aufzugeben. Bekannt wurde die Nachricht erst durch ein Schreiben der Schulleitungen an die Eltern am Freitag.
Bei Eltern sorgte die Nachricht für Irritation – schließlich entspricht sie nicht den ansonsten gültigen Regeln, nach denen nur geboosterte oder frisch genesene bzw. geimpfte Kontaktpersonen von der Quarantänepflicht befreit sind. Laut Gesundheitsverwaltung befindet man sich noch in Abstimmung mit den Gesundheitsämtern und der Bildungsverwaltung, wie es am Wochenende hieß. Auch die Debatte über eine Aufhebung der Präsenzpflicht für Schüler:innen ist unter Eltern neu entfacht – ein Offener Brief von mehr als 100 Eltern positionierte sich gegen den Landeselternausschussvorsitzenden Norman Heise. Der fordert ein Aufheben der Präsenzpflicht. Die Unterzeichner:innen des Briefs fordern hingegen ein differenziertes Betrachten der Situation und verweisen auf die psychosozialen Nachteile des Homeschoolings. (taz)
Ja, selbstverständlich.
Und wie oft leuchtet die App bei Ihnen gerade „rot“ auf?
Gar nicht so oft, erstaunlicherweise. Ich dachte schon, die App sei kaputt. Aber inzwischen hatte ich auch dreimal „rot“.
Damit könnten Sie ins nächste landeseigene Testzentrum gehen und sich dort in eine sehr lange Schlange zum PCR-Testen einreihen. Sprich: Die Testzentren sind überlastet, genau wie die auswertenden Labore. Sie haben deshalb in der Konferenz der Gesundheitsminister:innen den Vorschlag eingebracht, das PCR-Testen künftig zu priorisieren. Wer bekommt denn dann noch einen PCR-Test?
Durch sehr hohes Infektionsaufkommen kommen bundesweit die Kapazitäten für PCR-Tests an ihre Grenzen. Wir haben in Berlin die Kapazitäten noch ausgeweitet, für Delta hätte das gereicht. Für Omikron leider nicht. Auch hier sind wir nur früher dran. Deswegen hat sich die Gesundheitsminister:innenkonferenz dafür ausgesprochen, dass künftig vulnerable Gruppen und Beschäftigte, die diese betreuen, prioritären Zugang zu PCR-Testungen erhalten. Und wir schaffen eine Erleichterung: Wer keine Symptome hat und ein positives Schnelltestergebnis, braucht keine Bestätigungs-PCR mehr. Auch bei einer roten Warnung durch die Corona-App reicht künftig ein Antigentest in einem zertifizierten Testzentrum.
Da müsste es am Montag bei der nächsten Bund-Länder-Runde aber noch einen entsprechenden Beschluss geben.
Ich bin zuversichtlich, dass sich die Bund-Länder-Runde dem Beschluss der Gesundheitsminister:innen anschließt. Wichtig ist, dass er schnell umgesetzt wird. Und dass die Menschen auch mit positivem Antigentest ihre Rechte als Erkrankte wahrnehmen können, zum Beispiel eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erhalten. Außerdem muss das RKI seine Fallzahlstatistik entsprechend anpassen, so dass nicht mehr nur positive PCR-Tests gezählt werden.
Aber es hieß doch immer, PCR-Tests seien die genauere Testmethode.
Es gibt mittlerweile eine Vielzahl von zertifizierten Schnelltests, die Omikron sehr zuverlässig erkennen. Außerdem entwickeln Menschen mit einer hohen Viruslast, die also andere potenziell anstecken, in den allermeisten Fällen auch Symptome. Und Menschen mit Corona-Symptomen sollen auch weiterhin PCR-getestet werden.
Und eine solche Priorisierung – kostenlose PCR-Tests nur für wenige –, die würde die Laborengpässe beseitigen?
Die Labore werden auch dann gut ausgelastet sein. Bundesgesundheitsminister Lauterbach rechnet ja bekanntlich damit, dass wir bundesweit Mitte Februar auf der Spitze der Omikronwelle sind. Bei konsequenten Maßnahmen und etwas Glück könnten wir in Berlin dann schon den Peak überschritten haben. Das heißt aber auch, dass wir in den kommenden ein, zwei Wochen noch mit deutlich steigenden Inzidenzen rechnen müssen.
Wenn es keine Kapazitäten mehr bei den landeseigenen Teststellen gibt, warum beauftragen Sie nicht einfach zusätzlich gewerbliche Anbieter?
Wir können nicht endlos ausweiten, auch nicht über gewerbliche Anbieter, weil Technik und qualifiziertes Personal den Laborkapazitäten ihre Grenzen aufzeigen. Wir haben an den Berliner Unis abgefragt, ob sich Studierende für einen Nebenjob im Labor zur Testauswertung interessieren, und der Rücklauf war beeindruckend. Innerhalb von zwei Tagen haben sich über 100 Interessierte gemeldet. Mit 45 zusätzlichen Vollzeitkräften können die Labore in Berlin ihre Kapazitäten nochmal von aktuell rund 100.000 PCR-Tests pro Woche um 28.000 steigern. Viel mehr geht dann aber nicht mehr.
In Sachen Teststellen hat Ihnen Ihre Vorgängerin im Amt, Dilek Kalayci (SPD), auch noch ein Gerichtsverfahren hinterlassen. Die Münchner Firma 21Dx, die die landeseigenen Testzentren betreibt, soll bei der Vergabe bevorteilt worden sein. Die Vergabekammer hat die Vergabe nun für rechtswidrig erklärt, die Ausschreibung muss wiederholt werden. Ist der Testbetrieb gefährdet?
Ich muss zwei Ziele gleichzeitig erreichen. Der Testbetrieb muss weiterlaufen und wir brauchen eine rechtlich einwandfreie Vergabe.Wir haben die Entscheidungen der Vergabekammer zur Vergabe durch den Vorgänger-Senat geprüft und werden formal Rechtsmittel dagegen einlegen. Damit kann der Betrieb der senatsbeauftragten Teststellen zunächst weitergehen. Darüber hinaus haben wir in Berlin eine breit aufgestellte Teststelleninfrastruktur, die von der Entscheidung der Vergabekammer unberührt bleibt. Und wir haben ein neues Vergabeverfahren durchgeführt, an dem verschiedene Firmen beteiligt waren. Wir werden dafür Sorge tragen, dass es auch in Zukunft qualitativ hochwertige und an die Bedürfnisse angepasste Testangebote für die Berlinerinnen und Berliner geben wird.
Lassen Sie uns etwas persönlicher werden. Ihr Weg nach Berlin war in vielerlei Hinsicht recht weit: Gesundheitsdezernentin in Kassel, davor im bayerischen Landtag. Katholikin sind Sie auch noch.
Um Gottes Willen. Diese Geschichte hat sich hier in Berlin irgendwie festgesetzt, ich habe das jetzt schon mehrfach in der Zeitung gelesen. Vielleicht kommt das daher, dass ich einmal in einer Kommission zusammen mit Bettina Jarasch – daher kennen wir uns auch näher – die religionspolitischen Positionen für den Bundesvorstand der Grünen erarbeitet habe. Ich bin jedenfalls schon längere Zeit nicht mehr in der katholischen Kirche.
Warum sind Sie ausgetreten?
Ich hatte eine lange Leidensgeschichte mit der katholischen Kirche. Ich habe als junger Mensch eine sehr positive katholische Sozialisation erlebt und gehörte lange zu denen, die glaubten, man könne von innen heraus etwas verändern. Aber das wurde enttäuscht. Das betrifft vor allem die Position der Frauen, den Umgang mit sexuellem Missbrauch und den Umgang mit queeren Menschen. Irgendwann hat es mir gereicht.
Trotzdem ein großer Sprung von Kassel nach Berlin?
Da war der Sprung von Rheinland-Pfalz, wo ich gebürtig herkomme, nach Bayern aber größer. Es ist ja auch nicht so, dass ich Berlin gar nicht kenne. Wenn Sie 20 Jahre lang in politischen Führungspositionen arbeiten, sind Sie schon öfter mal in Berlin. Insofern ist das hier kein Kulturschock für mich. Und ich muss ja sagen: Kassel ist zwar nur so groß wie ein Berliner Bezirk, aber dennoch Berlin sehr ähnlich.
Tatsächlich?
Aber sicher. Die Sozialdaten, die Strukturen, die vielfältige Gesellschaft – ich erkenne das in vielen Bezirken hier wieder.
Jetzt müssen Sie aber mit insgesamt 12 dieser doch recht selbstbewussten Bezirke klarkommen.
Ein Stadtstaat funktioniert natürlich anders, das ist immer etwas Besonderes. Ich habe sehr schnell gesehen, wie wichtig die Kommunikation mit den Bezirken ist und bin im regelmäßigen Austausch mit den Bezirksbürgermeister:innen und den Gesundheitsämtern. Und wir brauchen die Bezirke. Eine so große Stadt wie Berlin kann man nicht nur aus der Rathausstraße heraus regieren.
In Ihrer Kasseler Zeit als Gesundheitsdezernentin waren Sie viel näher am Gesundheitsamt dran, kennen sich also vermutlich gut mit deren Arbeit aus. Was sagen Sie denn zu den Berliner Gesundheitsämter?
Erst mal hilft mir diese Nähe sehr, weil ich ihre Perspektive sehr genau kenne und weiß, wovon sie sprechen. Deshalb kann ich auch sagen, dass die Berliner Gesundheitsämter die gleichen Probleme wie alle Gesundheitsämter in der Republik haben und auch keine schlechtere Arbeit machen, im Gegenteil. Es ist für mich schon interessant zu sehen, wie sowohl die Berliner:innen sich selber schlecht reden, als auch von außen gerne den Stempel aufgedrückt bekommen, da funktioniert ja alles nicht. Das halte ich für einen großen Blödsinn.
Der Senat erwägt offenbar, die Kontaktdatenerfassung in Restaurants und im Kulturbereich einzustellen – auch, weil die Gesundheitsämter in diesem Bereich ohnehin nicht mehr hinterherkommen. Gleiches gilt bei der Kontaktnachverfolgung in den Schulen. Ist das eine Kapitulationserklärung vor der Welle?
Nein, auch das RKI empfiehlt bei der Kontaktnachverfolgung eine Priorisierung auf vulnerable Gruppen. Omikron macht es unmöglich, alle Kontakte nachzuverfolgen. In diesem Stadium der Pandemie und bei so vielen Infektionen gleichzeitig hat die Kontaktnachverfolgung nicht mehr die Bedeutung wie am Beginn der Infektionskette. Die Umstellung ist auch notwendig, weil zum Beispiel im Restaurant sowieso die allermeisten Menschen geboostert sind und deshalb gar nicht in Quarantäne müssten. Außerdem bekommen sie durch die Corona-App ja eine Warnung, wenn sie sich dort in der Nähe einer infizierten Person aufgehalten haben, und können sich dann testen.
Eines der Hauptprobleme der Berliner Gesundheitsämter ist der Personalmangel. Wie viele Stellen sind denn da gerade unbesetzt?
Ende September waren es rund 370. Die wollen wir natürlich besetzen, außerdem möchten wir in diesem Jahr 18 neue Stellen aus dem Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst schaffen und besetzen. Hierbei soll der Fokus auf der Digitalisierung liegen. Alles Weitere hängt von den Haushaltsverhandlungen ab. Wichtig sind konkurrenzfähige Löhne. Aber es geht nicht nur ums Geld, sondern auch darum, die Arbeit im Gesundheitsbereich attraktiver und zukunftsfähiger zu machen. Das wird nicht von heute auf morgen passieren, sondern da braucht man einen langen Atem.
Apropos langer Atem. Die landeseigenen Krankenhäusern wurden in der Vergangenheit teilweise so schlecht vom Senat ausgestattet, dass sie für Investitionen auf Mittel zurückgreifen mussten, die eigentlich für mehr Personal und die Patientenversorgung verwendet werden könnten. Wie wollen Sie die Krankenhäuser besser aufstellen?
Klar ist, dass es Finanzierungslücken und einen großen Sanierungsstau gibt. Das gilt auch für die Krankenhäuser in anderer Trägerschaft. Der Koalitionsvertrag verpflichtet uns, der Finanzierung der Krankenhäuser mehr Beachtung zu schenken. Ich habe ihn zwar nicht mitverhandelt, stehe aber selbstverständlich dahinter. Wir befinden uns allerdings gerade in den Haushaltsverhandlungen. Das ist ein sehr dickes Brett, das da zu bohren ist.
Empfinden Sie den Koalitionsvertrag eigentlich als eine gute Arbeitsgrundlage – Sie sagen ja selbst, Sie haben Ihn nicht mitverhandelt.
Ja, sonst hätte ich den Job nicht angenommen. Gerade in meinem Bereich lässt sich da vieles gut umsetzen. Aber es ist auch kein Geheimnis, dass es Dinge wie das Hochschulgesetz gibt, die mich erst einmal vor eine große Aufgabe stellen.
Richtig, Sie sind ja nicht nur Corona-Krisen-Managerin, sondern auch noch Wissenschaftssenatorin. In Sachen Hochschulgesetz soll es mehr Festanstellungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs geben. Die Humboldt-Universität klagt deshalb in Karlsruhe, das Land überschreite damit seine Kompetenzen.
Unabhängig von der Entscheidung in Karlsruhe werden wir mit den Hochschulen sprechen, wo Anpassungen und Konkretisierungen sinnvoll sind. Denkbar sind zum Beispiel verlängerte Fristen bei der Umsetzung und eine genauere Definition der Fälle, für die wir mehr Perspektiven schaffen wollen. Es gibt inhaltliche Stellschrauben, an denen wir drehen können. Ich bin zuversichtlich, dass wir da Lösungen finden.
Die HU-Präsidentin Sabine Kunst hatte im Herbst ihren Job hingeschmissen und gesagt, das Hochschulgesetz gefährde die Exzellenz des Wissenschaftsstandorts Berlin. Ist es nicht so, dass mehr Festanstellungen bedeuten: Mehr Sicherheit für einige wenige zum Preis der Chancen für viele andere, überhaupt an der Uni Fuß zu fassen?
Die Exzellenz Berlins wird durch sehr gute Arbeitsbedingungen gestärkt. Berlin zieht exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an. Mein Ziel ist es, die vorhandene Exzellenz zu sichern und auszubauen und gleichzeitig die Arbeitsbedingungen für herausragende Nachwuchswissenschaftler:innen zu verbessern. Wettbewerb ist wichtig. Wettbewerb braucht aber auch ein Ziel und dazu gehört für mich die Perspektive auf eine unbefristete Beschäftigung.
Wissenschaft bildet erst seit dieser Regierungsperiode ein Ressort mit Gesundheit und Pflege. War das für Sie ein besonderes Schmankerl?
Absolut. Wissenschaft und Gesundheit sind die beiden Bereiche, in denen ich über viele Jahre Politik gestaltet habe. Die Kombination von beidem, und dann noch am Standort Berlin – das ist eine Position, die unglaublich viel möglich macht.
Auch das fällt in Ihren Zuständigkeitsbereich: Ab wann kann ich denn in meiner Stammapotheke Cannabis kaufen?
Ist es so dringend? Ich kann Ihnen das noch nicht genau sagen, das hängt vom Zeitplan des Bundes ab.
Das klingt nicht nach sehr bald… Man hört Sie sind passionierte Radfahrerin. Radeln Sie heute nach der Arbeit bis nach Köpenick?
Ich habe hier noch kein Fahrrad, das steht auf der Einkaufsliste.
Schreckt Sie etwa der Berliner Verkehr?
Da sollte man Kassel nicht unterschätzen, da sind auch einige Kampfradler:innen unterwegs.
Aber Sie sind keine?
Ich komme immer gut durch. (lacht) Tatsächlich bin ich aber etwas abgeschreckt davon, dass so viele Berliner und Berlinerinnen ohne Helm unterwegs sind. Vielleicht gilt das hier als spießig, das sollte aber nicht so sein. Das sage ich jetzt ganz bewusst als Gesundheitssenatorin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis