Berlins Freibäder werden weniger geheizt: Schneller schwimmen, bitte!

Am 1.-Mai-Wochenende startet die Freibadsaison – ganz ohne Corona-Auflagen. Um russisches Gas zu sparen, ist das Wasser künftig etwas kälter.

Blaugefroren im Wannsee: Im dortigen Strandbad war bereits am Karfreitag „Anbaden“ Foto: picture alliance/dpa | Paul Zinken

BERLIN taz | Etwas verfroren stand die versammelte Hauptstadtpresse am Montagmorgen im Sommerbad Wilmersdorf herum, und Innensenatorin Iris Spranger (SPD), die auch das Sportressort verantwortet, war sogar noch im Wintermantel gekommen. Doch auch wenn das Wetter sich noch nicht nach Sommer anfühlte: Ab Samstag kann – wer sich denn traut – wieder draußen schwimmen. Den Auftakt machen das Sommerbad im Olympiastadion und das Kombibad Spandau-Süd. Das Prinzenbad folgt am 1.-Mai-Sonntag. Im Strandbad Wannsee kann man sich sogar schon seit Karfreitag verkühlen.

Diese Freibadsaison ist vielleicht auch in erster Linie dazu geeinigt, sich ein bisschen freizuschwimmen von dem Pandemiegefühl der vergangenen beiden Sommer. „Es wird eine normale Freibadesaison“, versprach der Vorstandschef der Berliner Bäder-Betriebe, Johannes Kleinsorg.

Zeitfenstertickets und Zugangsbeschränkungen wird es also in diesem Sommer nicht mehr geben – was auch heißt: Es wird wieder voll(er) im Becken. Wer sich in den letzten beiden Jahren daran gewöhnt hatte, dass mit ein bisschen Vorausplanung beim Ticketkauf auch zu Stoßzeiten so etwas wie Schwimmen tatsächlich möglich war, muss sich jetzt wieder umgewöhnen und seufzt innerlich leise (so wie die Autorin).

Immerhin, verspricht Bäder-Chef Kleinsorg: Den Onlineshop werde es weiterhin geben, inklusive eines Ampelsystems. Die Hoffnung ist natürlich, dass potenzielle Kun­d*in­nen zögern, sich vor der Analog-Kasse noch in die Schlange einzureihen, wenn die Ampel etwa beim Prinzenbad auf Rot („ausverkauft“) steht. Ob sie dann allerdings auf die Idee kommen, sich für das Sommerbad Staaken-West eine Familienkarte zu kaufen? Man wird sehen. „Wir erhoffen uns eine Reduzierung der Schlangen vor den Kassen und eine besser verteilte Auslastung der Bäder“, sagt jedenfalls Kleinsorg.

Zwei Grad kälter

Lohnen könnte vor dem Ticketkauf in diesem Jahr durchaus auch ein Blick auf die Wassertemperaturangaben in den Bädern. Weil nämlich auch in den Berliner Schwimmbädern russisches Erdgas das Wasser erwärmt, will man die Temperatur in den Sommerbädern um zwei Grad Celsius absenken, in den Hallenbädern um ein Grad Celsius. „Das ist unser Beitrag, den wir leisten wollen“, sagte Kleinsorg. Das Einsparpotenzial schätzt er auf mindestens 10 Prozent. Nicht frieren müssen sollen Kinder und Menschen, die die Therapiebecken benutzen – dort wird weiter so geheizt wie zuvor.

Höhere Ticketpreise seien aber, trotz steigender Energiepreise, kein Thema, versichert Kleinsorg – zumindest nicht in diesem Jahr, weil man da noch zu Konditionen beliefert werde, die bereits vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine beschlossen wurden. Die Sommermehrfachkarte (20 Eintritte) gibt's also 2022 nochmal für 70 Euro.

Corona und Krieg ließen dann beinahe den „Paradigmenwechsel“ ein bisschen in den Hintergrund geraten, den Senatorin Spranger am Montag nicht müde wurde zu betonen. Die Bäder-Betriebe und das Land Berlin haben nämlich einen Vertrag miteinander geschlossen – beinahe wundert man sich, dass das bisher nicht so war –, der die Bäder-Betriebe dazu verpflichtet, eine bestimmte Anzahl von „Wasserstunden“ pro Jahr zu garantieren. Anders gesagt: Das Land bestellt erstmals eine konkrete Leistung, sprich garantierte Öffnungszeiten, für die es sich im Gegenzug verpflichtet zu bezahlen. Toll findet das auch Kleinsorg, der mehr Planungssicherheit sieht.

2022 sind es genau 146.000 Wasserstunden, die für Kitas, Schulen, Vereine und die Öffentlichkeit reichen müssen. 63,7 Millionen Euro in 2022 und 66 Millionen Euro in 2023 sind dafür im Haushalt vorgesehen. Allerdings kann Spranger Öffnungszeiten bestellen, so viel sie will – „der Vertrag gilt und da lasse ich Sie auch nicht raus!“, sagte sie am Montag mit unnötigem Nachdruck in Richtung Kleinsorg – wenn der Sanierungsstau nicht abgearbeitet wird. Den beziffern die Bäder-Betriebe bis 2030 auf 400 Millionen Euro. Ein großer Posten ist zum Beispiel die Grunderneuerung des Wellenbads am Spreewaldplatz (zuletzt ein Wasserrohrbruch zu Ostern).

Auch im Sommerbad Wilmersdorf standen am Montag noch die Bagger auf einer Baustelle, die ab Juli 2022 das neu mit Edelstahl ausgekleidete Schwimmerbecken des Sommerbads werden soll. Die Fliesen seien alt gewesen, es habe „unerklärliche Wasserverluste“ gegeben. Senatorin Spranger schaute sich alles an und nickte zum 10-Meter-Turm hinüber. Ob der bleiben werde? Ein Sprecher der Bäder-Betriebe bejahte, und dass man einen Salto zur Eröffnung von der Sportsenatorin erwarte. Ganz kurz schaute Spranger verunsichert, dann lachte sie: Sie mache „nur Kerze“.

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