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Berlinkampagne"be berlin ist ganz okay"

Der Berliner Filmemacher Robert Thalheim hat den Film zur Kampagne gemacht, mit Kioskbesitzern und Musik-Kitas, aber ohne Künstler.

Wo ist Berlin? Bild: AP
Nina Apin
Interview von Nina Apin

taz: Herr Thalheim, Sie sind bislang für unkommerzielle Langfilme bekannt. Wie kamen Sie zum Werbefilm?

Im Interview: 

ROBERT THALHEIM, 33, ist Filmemacher. Für "Netto" erhielt er den Deutschen, für "Am Ende kommen Touristen" den Bayerischen Filmpreis.

Robert Thalheim: Die Agentur suchte einen Regisseur, der mit Laien arbeiten und sie authentisch inszenieren kann. Mich interessierte die Herausforderung, in zwei Minuten sieben Menschen sympathisch rüberzubringen. Nicht nur der Kürze wegen: Ich fand es eine schöne Aufgabe, ganz normale Berliner in ihrem Umfeld zu zeigen. Schließlich mag ich die Stadt.

Ein türkischer Kioskbetreiber, der Leiter des Naturkundemuseums, zwei Rütli-Schüler - konnten Sie die Personen selbst auswählen?

Ich suchte aus einer Vorauswahl von dreißig bis vierzig Leuten sieben aus. Wichtig war mir, eine Unternehmerin wie Alexandra Knauer zu zeigen, die ihre Messgeräte aus Charlottenburg nach Dubai exportiert. Berlin braucht viel mehr Mittelstand. Aber genauso wichtig ist Mustafa, der in seinem Moabiter Kiez der Anlaufpunkt ist. Berlin ist eben beides, hier zählt nicht nur ökonomischer Erfolg.

Und warum die Kindergärtnerin? Kitas gibt es doch in jeder Großstadt …

Ja, aber diese Musik-Kita ist einmalig in Deutschland und eine Idee von Staatsoper-Leiter Daniel Barenboim. Die Kinder sollen den täglichen Umgang mit Musik lernen, regelmäßig arbeiten dort Musiker der Staatsoper mit den Kindern. Ich suche gerade einen Kitaplatz für mein Kind und war begeistert!

Warum fehlen in Ihrem Clip eigentlich ausgerechnet die Kreativen, auf die Berlin so stolz ist?

Für mich sind die Rütli-Kids mit ihrem Modelabel mindestens genauso kreativ wie Modemacher oder Webdesigner, die man in jeder Bierwerbung sieht. Außerdem legt mein Film, im Gegensatz zur Bierwerbung, offen, wie er gemacht ist und dass er Leute inszeniert. Das zeige ich durch Unschärfen, durchs Bild laufende Regieassistenten und etwas Ironie. Ich konnte nicht die Berliner Realität in ihrer Gesamtheit zeigen: Dafür bedürfte es eines Arte-Fünfteilers.

Manche finden Ihre Berlin-Bilder altbacken, manchen fehlen auch die typischen Wahrzeichen - trifft Sie die Nörgelei?

Über alles wird genörgelt, besonders in Berlin. Das macht mir nichts aus. Ich selbst bin zufrieden mit meinem Film: In zwei Minuten bekommt man einen Eindruck von den Menschen, auch meine persönliche Handschrift scheint durch. Natürlich macht man sich mit einem solchen Film angreifbar: Ich bin Teil einer Kampagne, die nicht jeder gut findet. Aber ich bin nicht für das Gesamtkonzept verantwortlich.

Wie weit identifizieren Sie sich denn damit?

Sagen wir so: Ich bin als Berliner mit Slogans wie "Berlin tut gut" oder "Berlin ist eine Reise wert" aufgewachsen. Ganz schön spießig. Da ist "be berlin" oder "Sei Berlin" doch ganz in Ordnung.

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